21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss23.05.2008

Heraufsetzung des Pensionsalters für Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz verfas­sungsgemäßFürsorgepflicht durch unter­schiedliche Altersgrenzen nicht verletzt

Ein rheinland-pfälzischer Polizeibeamter, der sich gegen die Heraufsetzung seines Pensionsalters zur Wehr setzen wollte, ist vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht gescheitert. Das Gericht nahm seine Verfas­sungs­be­schwerden nicht zur Entscheidung an. Dass der Gesetzgeber nach Alter und der Härte der Beanspruchung im Dienst differenziere und so für einzelne Beamtengruppen besondere, niedrigere Altersgrenzen festsetze, verletze nicht den Gleich­heits­grundsatz. Der Gesetzgeber habe seinen Gestal­tungs­spielraum nicht überschritten.

Früher traten in Rheinland-Pfalz Polizeibeamte mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand. Seit dem 1. Januar 2004 sieht das Landes­be­am­ten­gesetz Rheinland-Pfalz eine Altersgrenze von 60 Jahren nur noch für Polizeibeamte vor, die mindestens 25 Jahre lang in bestimmten Sonder­funk­tionen eingesetzt waren. Für alle anderen Polizeibeamten wurde die Altergrenze je nach Laufbahngruppe und gestaffelt nach Geburtsjahrgang heraufgesetzt. Die allgemeine Altersgrenze für Beamte bildet das vollendete 65. Lebensjahr.

Sachverhalt

Der 1945 geborene Beschwer­de­führer war zuletzt Krimi­na­l­haupt­kom­missar im gehobenen Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz. Er wendet sich dagegen, dass seine Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand auf das 62. Lebensjahr festgesetzt wurde. Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Begründung des Nicht­an­nah­me­be­schlusses

Die Festsetzung der unter­schied­lichen Altersgrenzen verstößt nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachten Grundsatz des Berufs­be­am­tentums. Der Gesetzgeber kann für einzelne Beamtengruppen besondere Altersgrenzen festsetzen. Er hat hier einen weiten Gestal­tungs­spielraum und kann auf der Grundlage von Erfah­rungs­werten genera­li­sierende Regelungen dazu treffen, bis zu welchem Zeitpunkt er die körperliche und geistige Leistungs­fä­higkeit der jeweiligen Beamtengruppe noch als gegeben ansieht. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass eine Heraufsetzung der Altersgrenze für Polizeibeamte, welche die allgemeine Altersgrenze für Beamte nicht übersteigt, sondern für alle Polizeibeamte bis auf die Beamten im höheren Dienst weiterhin darunter liegt, auf einer Fehlein­schätzung beruht, die mit der Fürsorgepflicht nicht vereinbar wäre.

Gleich­be­hand­lungs­grundsatz nicht verletzt

Der Beschwer­de­führer ist auch nicht in seinem Recht auf Gleich­be­handlung verletzt. Der Gesetzgeber hat sich bei der Neubewertung der Altersgrenze maßgeblich von Erwägungen zu den Anforderungen an die Leistungs­fä­higkeit der Beamten und den besonderen Belastungen seines Dienstes leiten lassen, die seit jeher bei der Bestimmung der Altersgrenze eine Rolle gespielt haben. Sie sind sachgerecht und geben zu verfas­sungs­recht­lichen Bedenken keinen Anlass. Wenn die Neuregelung auch das Ziel einer Haushalts­kon­so­li­dierung verfolgt, verbietet dies nicht eine systemgerechte Neubestimmung der Altersgrenzen. Dabei stellt die niedrige Altersgrenze für Beamte, die mindestens 25 Jahre lang besondere Funktionen wahrgenommen haben, eine zulässige Differenzierung dar. Die Regelung trägt der besonderen Belastung von Polizeibeamten in Sonder­funk­tionen wie dem Wechsel­schicht­dienst Rechnung. Bei den Beamten, die über einen längeren Zeitraum besonderen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt sind, wird ein früherer Verlust der Leistungs­fä­higkeit vermutet. Dagegen ist die Rufbereitschaft, die der Beschwer­de­führer lange Zeit ausgeübt hat, nach der zulässigen Einschätzung des Gesetzgebers nicht mit denselben Belastungen verbunden. Auch die Staffelung der Altersgrenze nach Geburts­jahr­gängen erweist sich als verfas­sungs­rechtlich zulässige Differenzierung. Der Gesetzgeber hat damit eine Überg­angs­re­gelung geschaffen, die den Interessen der Beamten am Fortbestand der bisherigen Rechtslage umso größeres Gewicht einräumt, je näher sie bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits dem Ruhestandsalter waren.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 67/08 des BVerfG vom 27.06.2008

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