18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 26875

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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.11.2018

Gericht muss mündliche Verhandlung nicht nach Vorstellungen eines Verfahrens­beteiligten ausgestaltenAn Autismus leidender Verfahrens­beteiligter hat keinen Anspruch auf Kommunikation über heimischen Computer statt mündlicher Verhandlung

Das Bundes­verfassungs­gericht hat die Verfassungs­beschwerde eines unter psychischen Beein­träch­ti­gungen leidenden Beschwer­de­führers nicht zu Entscheidung angenommen, der begehrte, die mündliche Verhandlung nach seinen Vorstellungen barrierefrei durchzuführen. Der von dem Beschwer­de­führer behauptete Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist durch die ablehnende Entscheidung des Landes­sozial­gerichts nicht gegeben.

Der Beschwer­de­führer des zugrunde liegenden Verfahrens leidet an Autismus in Gestalt des Asperger-Syndroms. Auf Grund der Erkrankung begehrte er, über einen längeren Zeitraum von seinem heimischen Computer aus zu kommunizieren statt bei der mündlichen Verhandlung unmittelbar anwesend zu sein. Dies lehnte das Landes­so­zi­al­gericht ab und bot dem Beschwer­de­führer jedoch an, die mündliche Verhandlung durch Übersendung des schriftlichen Sachberichts vorab sowie durch Kommunikation im Gerichtssaal mittels Computer an seine Bedürfnisse anzupassen.

BVerfG verneint verfas­sungs­recht­lichen Bedenken gegen Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass keine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken gegen die ablehnende Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts bestünden. Das Begehren des Beschwer­de­führers, die mündliche Verhandlung nach seinen Vorstellungen auszugestalten, werde von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht getragen.

Pflicht zur Beachtung gesund­heit­licher Belange der Verfah­rens­be­teiligen gilt nicht uneingeschränkt

Gerichte haben das Verfahren stets nach pflichtgemäßen Ermessen unter Beachtung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG so zu führen, dass den gesund­heit­lichen Belange der Verfah­rens­be­teiligen Rechnung getragen werde. Diese Verpflichtung bestehe jedoch nicht uneingeschränkt. Die durch eine mündliche Verhandlung geschaffene Transparenz und die Wahrung des Unmit­tel­ba­r­keits­grund­satzes zur korrekten Ermittlung des Sachverhalts seien rechtsstaatlich unerlässlich.

Von Verfassungs wegen zu beanstandende Ungleich­be­handlung liegt nicht vor

Gemessen an diesen Maßstäben liegt nach einer Gesamtwürdigung keine von Verfassungs wegen zu beanstandende Ungleich­be­handlung vor. Die von dem Beschwer­de­führer begehrte Ausgestaltung der mündlichen Verhandlung würde sich zu den genannten Verfas­sungs­prin­zipien in Widerspruch setzen. Hingegen werden durch die mögliche Bestellung eines Bevoll­mäch­tigten beziehungsweise eines Beistands sowohl die Rechte des Beschwer­de­führers als auch die dargestellten Prinzipien gewahrt und in einen schonenden Ausgleich gebracht.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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