21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Dokument-Nr. 26875

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss27.11.2018

Gericht muss mündliche Verhandlung nicht nach Vorstellungen eines Verfahrens­beteiligten ausgestaltenAn Autismus leidender Verfahrens­beteiligter hat keinen Anspruch auf Kommunikation über heimischen Computer statt mündlicher Verhandlung

Das Bundes­verfassungs­gericht hat die Verfassungs­beschwerde eines unter psychischen Beein­träch­ti­gungen leidenden Beschwer­de­führers nicht zu Entscheidung angenommen, der begehrte, die mündliche Verhandlung nach seinen Vorstellungen barrierefrei durchzuführen. Der von dem Beschwer­de­führer behauptete Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist durch die ablehnende Entscheidung des Landes­sozial­gerichts nicht gegeben.

Der Beschwer­de­führer des zugrunde liegenden Verfahrens leidet an Autismus in Gestalt des Asperger-Syndroms. Auf Grund der Erkrankung begehrte er, über einen längeren Zeitraum von seinem heimischen Computer aus zu kommunizieren statt bei der mündlichen Verhandlung unmittelbar anwesend zu sein. Dies lehnte das Landes­so­zi­al­gericht ab und bot dem Beschwer­de­führer jedoch an, die mündliche Verhandlung durch Übersendung des schriftlichen Sachberichts vorab sowie durch Kommunikation im Gerichtssaal mittels Computer an seine Bedürfnisse anzupassen.

BVerfG verneint verfas­sungs­recht­lichen Bedenken gegen Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass keine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken gegen die ablehnende Entscheidung des Landes­so­zi­al­ge­richts bestünden. Das Begehren des Beschwer­de­führers, die mündliche Verhandlung nach seinen Vorstellungen auszugestalten, werde von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht getragen.

Pflicht zur Beachtung gesund­heit­licher Belange der Verfah­rens­be­teiligen gilt nicht uneingeschränkt

Gerichte haben das Verfahren stets nach pflichtgemäßen Ermessen unter Beachtung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG so zu führen, dass den gesund­heit­lichen Belange der Verfah­rens­be­teiligen Rechnung getragen werde. Diese Verpflichtung bestehe jedoch nicht uneingeschränkt. Die durch eine mündliche Verhandlung geschaffene Transparenz und die Wahrung des Unmit­tel­ba­r­keits­grund­satzes zur korrekten Ermittlung des Sachverhalts seien rechtsstaatlich unerlässlich.

Von Verfassungs wegen zu beanstandende Ungleich­be­handlung liegt nicht vor

Gemessen an diesen Maßstäben liegt nach einer Gesamtwürdigung keine von Verfassungs wegen zu beanstandende Ungleich­be­handlung vor. Die von dem Beschwer­de­führer begehrte Ausgestaltung der mündlichen Verhandlung würde sich zu den genannten Verfas­sungs­prin­zipien in Widerspruch setzen. Hingegen werden durch die mögliche Bestellung eines Bevoll­mäch­tigten beziehungsweise eines Beistands sowohl die Rechte des Beschwer­de­führers als auch die dargestellten Prinzipien gewahrt und in einen schonenden Ausgleich gebracht.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss26875

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI