Dokument-Nr. 12795
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- CR 2012, 378Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2012, Seite: 378
- MMR 2012, 190Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 190
Bundesverfassungsgericht Beschluss09.11.2011
Rundfunkgebührenbefreiung auch bei knappen Einkünften aus Altersrente und WohngeldZur Gleichbehandlung bei der Befreiung von Rundfunkgebühren
Rentner, die eine geringe Rente haben, die nur knapp oberhalb der Hartz IV-Leistungen liegt, haben ebenso wie Hartz IV-Empfänger Anspruch auf Befreiung von den Rundfunkgebühren. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage befasst, ob und wie eine Gleichbehandlung bei niedrigen Einkünften bei der Befreiung von Rundfunkgebühren von Verfassungs wegen zu gewährleisten ist. Der Beschwerdeführer bezog Einkünfte aus Altersrente und Wohngeld, die nach Abzug der Wohnkosten nur geringfügig über den Regelsätzen nach dem SGB II oder SGB XII lagen, so dass der nach Abzug der Regelsätze verbleibende Betrag die Rundfunkgebühr nicht vollständig abdeckte. Seinen Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren lehnte die Rundfunkanstalt ebenfalls ab, da er keine Sozialleistungen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV erhielt.
Die angegriffene Entscheidung verstieß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Beschwerdeführer wird gegenüber Empfängern von Arbeitslosengeld II schlechter gestellt, weil diese im Gegensatz zu ihm nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 RGebStV auf Antrag von den Rundfunkgebühren befreit sind. Der Beschwerdeführer bezieht als Rentner ein Einkommen, das nur geringfügig über den sozialrechtlichen Regelsätzen liegt, und daher gegenüber den Sozialleistungsempfängern benachteiligt ist, weil er auf den dem Regelsatz entsprechenden Teil seines Einkommens zurückgreifen muss, um einen Teil der Rundfunkgebühren zu entrichten.
Die Ungleichbehandlung ist nicht aus dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt, weil der Verstoß gegen den Gleichheitssatz intensiv ist. Der Beschwerdeführer hat für seine Lebensführung lediglich ein Einkommen aus Rente und Wohngeld zur Verfügung, das der Höhe nach mit den sozialrechtlichen Regelleistungen vergleichbar ist, die der Sicherstellung des Existenzminimums dienen. Im Verhältnis zum Einkommen stellt daher die Rundfunkgebühr, auch wenn der Betrag absolut nicht sehr hoch ist, eine intensive und wiederkehrende Belastung des Beschwerdeführers dar.
Die Anwendung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages durch die Fachgerichte ist daher mit dem Gleichheitssatz nicht mehr vereinbar, ohne dass der Rundfunkgebührenstaatsvertrag selbst verfassungswidrig wäre. Denn die Vorschrift des § 6 Abs. 3 RGebStV, der in besonderen Härtefällen eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vorsieht, könnte auch bei denjenigen Personen angewendet werden, die zwar keine Sozialleistungen i. S. d. Befreiungstatbestandes beziehen, deren Einkommen die Regelsätze aber nur geringfügig übersteigt, so dass der übersteigende Betrag die Rundfunkgebühren nicht abdeckt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.12.2011
Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht (pm/pt)
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