Bundesverfassungsgericht Beschluss17.06.2025
Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Rundfunkbeitrag wegen behaupteter Verletzung der Gebote der Staatsferne und Transparenz
Mit Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die Heranziehung des Beschwerdeführers zum Rundfunkbeitrag richtete. Der Beschwerdeführer machte unter anderem geltend, die Aufsichtsgremien des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hätten in den Jahren 2014 und 2015 nicht den der Vielfaltsicherung dienenden Geboten der Staatsferne und Transparenz genügt, sodass hierdurch auch der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil gefehlt habe. Er sei daher unter anderem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Die Verfassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg. Sie ist unzulässig, da insbesondere die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gewahrt ist.
Der MDR setzte in den Jahren 2014 und 2015 gegenüber dem Beschwerdeführer Rundfunkbeiträge fest. Die gegen die Beitragsbescheide eingelegten Widersprüche blieben erfolglos, die vom Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage gegen die Bescheide wurde abgewiesen. Zwar sei mit dem Beschwerdeführer davon auszugehen, dass der MDR-Staatsvertrag in der hier maßgeblichen Fassung vor dessen Änderung im Jahr 2021 keine dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsferne genügende Zusammensetzung der Aufsichtsgremien Rundfunkrat und Verwaltungsrat vorgesehen habe. Dies lasse die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsbescheide jedoch unberührt. Die Beitragsbescheide seien auch im Übrigen rechtmäßig. Den Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Sächsische Oberverwaltungsgericht ab.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die gerichtlichen Entscheidungen.
Er macht unter anderem geltend, es habe im für die Beitragserhebung relevanten Zeitraum an dem die Beitragspflicht rechtfertigenden individuellen Vorteil in Gestalt der Möglichkeit der Nutzung eines auf Vielfalt und Ausgewogenheit ausgerichteten öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramms gefehlt, weil die Aufsichtsgremien des MDR nicht den Geboten der Staatsferne und Transparenz genügt hätten. Dabei wird im Einzelnen etwa aufgezeigt, weshalb die verfassungsrechtlichen Transparenzanforderungen verfehlt worden seien. Dies werde insbesondere an der Behandlung der Programmbeschwerden deutlich. Anzahl, Gegenstand und Behandlung dieser Beschwerden würden der Öffentlichkeit vorenthalten, obwohl es sich um einen „Marker“ für die Qualität und Ausgewogenheit der Berichterstattung handele. Die Sitzungen der für die Programmbeschwerden zuständigen Ausschüsse seien generell nicht öffentlich; es würden weder Tagesordnungen oder Anwesenheitslisten noch Sitzungsprotokolle veröffentlicht. Förmliche Programmbeschwerden würden unter Ausschluss der Öffentlichkeit in nahezu allen Fällen negativ beschieden.
Der Beschwerdeführer sieht sich daher durch die Beitragserhebung unter anderem in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Es ist fraglich, ob die Rüge, die Aufsichtsgremien des MDR hätten den Geboten der Staatsferne und Transparenz nicht genügt mit der Folge, dass es an einem die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigenden individuellen Vorteil gefehlt habe, das Darlegungsgebot wahrt.
Der Beschwerdeführer legt zwar unter Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nachvollziehbar dar, dass die Gebote der Staatsferne und Transparenz der Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten dazu dienten, die Vielfalt und Ausgewogenheit des Programmangebots zu sichern und die Möglichkeit zur Nutzung eines entsprechend ausgestalteten Programms wiederum den die Beitragserhebung rechtfertigenden individuellen Vorteil begründe. Er zeigt auch auf, welche Folgen es aus seiner Sicht für die Erhebung des Rundfunkbeitrags hat, wenn die Aufsichtsgremien einer Rundfunkanstalt die gerade der Sicherung der Programmvielfalt dienenden organisations- und verfahrensrechtlichen Anforderungen an eine plurale, staatsferne Zusammensetzung ihrer Mitglieder und eine transparente, die Öffentlichkeit einbeziehende Wahrnehmung ihrer Aufgabe insbesondere bei der Behandlung der Programmbeschwerden verfehlen. Danach spreche in solchen Fällen eine Vermutung dafür, dass die Vielfalt und Ausgewogenheit des Programmangebots auch tatsächlich nicht gewährleistet sei und daher die Möglichkeit zur Nutzung dieses Angebots keinen die Beitragserhebung rechtfertigenden Vorteil biete.
Ob der vom Beschwerdeführer aufgezeigte Maßstab genügt um darzulegen, dass es an einer Programmvielfalt fehlte und welche Folgen sich hieraus für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ergeben, kann aber letztlich dahinstehen, weil jedenfalls die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gewahrt ist. Der Beschwerdeführer hat diesen Punkt nicht zum Gegenstand des Antrags auf Zulassung der Berufung gemacht. Das Oberverwaltungsgericht war deshalb gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung von vornherein gehindert, das Berufungsverfahren aus diesem Grund zuzulassen und sodann in diesem Verfahren zu klären, ob es im beitragsrechtlich maßgeblichen Zeitraum mangels staatsfern zusammengesetzter und transparent agierender Aufsichtsgremien des MDR an einer organisations- und verfahrensrechtlichen Sicherung der Vielfalt und Ausgewogenheit des Programmangebots fehlte, und wenn ja, ob deshalb das Fehlen eines die Beitragserhebung rechtfertigenden individuellen Vorteils ohne Rücksicht auf die tatsächliche Programmgestaltung festgestellt oder etwa nach Maßgabe abgesenkter Darlegungsanforderungen überprüft werden kann.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.07.2025
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/pt)