18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 15607

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Beschluss11.04.2013Bundesverfassungsgericht1 BvR 2635/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JuS 2013, 767Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 767
  • NJW 2013, 1587Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1587
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ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss11.04.2013

Bundes­verfassungs­gericht zum Mitwir­kungs­verbot wegen Vorbefassung in derselben SacheDurch Bundes­verfassungs­gericht festgesetzte Missbrauchs­gebühr unanfechtbar

Ein Mitglied des Bundes­verfassungs­gerichts, dass an einer unanfechtbaren Entscheidung des Bundes­verfassungs­gerichts beteiligt war und diese dennoch unzulässig vor einem Fachgericht angefochten wird, kann trotzdem im Verfassungs­beschwerde­verfahren gegen die fachge­richtliche Prozes­s­ent­scheidung mitwirken. Dies hat das Bundes­verfassungs­gericht entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte die 2. Kammer des Ersten Senats - unter Mitwirkung der Richter Gaier und Paulus sowie der Richterin Britz - gegen den Beschwer­de­führer in drei Verfas­sungs­be­schwer­de­ver­fahren Missbrauchs­ge­bühren festgesetzt. Hiergegen wandte sich der Beschwer­de­führer mit Klagen vor dem Verwal­tungs­gericht. Dieses wies seine Klagen als unzulässig ab, weil der Verwal­tungs­rechtsweg nicht eröffnet sei. Die Verwal­tungs­ge­richte könnten Entscheidungen über Verfas­sungs­be­schwerden nicht überprüfen oder gar aufheben. Die dagegen vom Beschwer­de­führer gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung hatten beim Verwal­tungs­ge­richtshof aus demselben Grund keinen Erfolg.

Beschwer­de­führer hält Missbrauchs­gebühr für verfas­sungs­widrig

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwer­de­führer gegen die Entscheidungen des Verwal­tungs­ge­richts und des Verwal­tungs­ge­richtshofs; er hält die Rechtsgrundlage für die Missbrauchsgebühr und deren Festsetzung gegen ihn für verfas­sungs­widrig.

Ausschluss bei richterlicher Vorbefassung nur, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist

Die Richter Gaier und Paulus sowie die Richterin Britz sind von der Mitwirkung an der Entscheidung über die Verfas­sungs­be­schwerde nicht ausgeschlossen. Das gilt auch für die Entscheidung über ihre Mitwirkungsbefugnis selbst. Der Senat hat von Amts wegen über seine ordnungsgemäße Besetzung zu befinden. Das schließt die Entscheidung über einen kraft Gesetzes greifenden Mitwirkungsausschluss nach § 18 BVerfGG ein.

Das Tatbe­stands­merkmal „derselben Sache“ in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist stets in einem konkreten, strikt verfah­rens­be­zogenen Sinne zu verstehen. Die richterliche Vorbefassung mit einer Sache führt nur dann zum Ausschluss, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist und eine Mitwirkung an der aktuell mit der Verfas­sungs­be­schwerde angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hat.

Keine Rechtsbehelfe bei anderen Gerichten gegen abschließende Entscheidungen des BVerfG

Nicht mehr eine Tätigkeit in „derselben Sache“ ist - zumindest in verfas­sungs­ge­richt­lichen Verfahren - auch die Mitwirkung an solchen Entscheidungen, die endgültig ein Verfahren abschließen und gegen die Rechtsmittel unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt gegeben sind. Gegen abschließende Entscheidungen des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts können nicht - entgegen dem Prozessrecht - Rechtsbehelfe bei anderen Gerichten eingelegt werden, um gegen diese dann unter Mitwir­kungs­aus­schluss der zuvor befassten Richterinnen und Richter eine neue Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts herbeizuführen.

Vorbefassung mit "derselben Sache" in einem weiteren Verfahren ausgeschlossen

Auch die durch eine Kammer des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts festgesetzte Missbrauchs­gebühr ist unanfechtbar und kann deswegen nicht Gegenstand einer verwal­tungs­ge­richt­lichen Entscheidung sein. Eine Vorbefassung mit „derselben Sache“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG in einem weiteren Verfahren ist damit von vornherein ausgeschlossen.

Unzulässige Klagen begründen keinen Mitwir­kungs­aus­schluss der genannten Richter

Die genannten Richter können auch an der Entscheidung über die Frage des Mitwir­kungs­aus­schlusses mitwirken. Die offensichtlich unzulässigen Klagen zum Verwal­tungs­gericht bilden völlig eigenständige, neue Verfah­rens­ge­gen­stände und sind von vornherein nicht geeignet, einen Mitwir­kungs­aus­schluss zu begründen.

Im Übrigen liegen Gründe für die Annahme der Verfas­sungs­be­schwerde zur Entscheidung nicht vor.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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