Dokument-Nr. 15607
Permalink https://urteile.news/
- JuS 2013, 767Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 767
- NJW 2013, 1587Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1587
Bundesverfassungsgericht Beschluss11.04.2013
Bundesverfassungsgericht zum Mitwirkungsverbot wegen Vorbefassung in derselben SacheDurch Bundesverfassungsgericht festgesetzte Missbrauchsgebühr unanfechtbar
Ein Mitglied des Bundesverfassungsgerichts, dass an einer unanfechtbaren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beteiligt war und diese dennoch unzulässig vor einem Fachgericht angefochten wird, kann trotzdem im Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die fachgerichtliche Prozessentscheidung mitwirken. Dies hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte die 2. Kammer des Ersten Senats - unter Mitwirkung der Richter Gaier und Paulus sowie der Richterin Britz - gegen den Beschwerdeführer in drei Verfassungsbeschwerdeverfahren Missbrauchsgebühren festgesetzt. Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer mit Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Dieses wies seine Klagen als unzulässig ab, weil der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei. Die Verwaltungsgerichte könnten Entscheidungen über Verfassungsbeschwerden nicht überprüfen oder gar aufheben. Die dagegen vom Beschwerdeführer gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung hatten beim Verwaltungsgerichtshof aus demselben Grund keinen Erfolg.
Beschwerdeführer hält Missbrauchsgebühr für verfassungswidrig
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs; er hält die Rechtsgrundlage für die Missbrauchsgebühr und deren Festsetzung gegen ihn für verfassungswidrig.
Ausschluss bei richterlicher Vorbefassung nur, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist
Die Richter Gaier und Paulus sowie die Richterin Britz sind von der Mitwirkung an der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde nicht ausgeschlossen. Das gilt auch für die Entscheidung über ihre Mitwirkungsbefugnis selbst. Der Senat hat von Amts wegen über seine ordnungsgemäße Besetzung zu befinden. Das schließt die Entscheidung über einen kraft Gesetzes greifenden Mitwirkungsausschluss nach § 18 BVerfGG ein.
Das Tatbestandsmerkmal „derselben Sache“ in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist stets in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinne zu verstehen. Die richterliche Vorbefassung mit einer Sache führt nur dann zum Ausschluss, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist und eine Mitwirkung an der aktuell mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hat.
Keine Rechtsbehelfe bei anderen Gerichten gegen abschließende Entscheidungen des BVerfG
Nicht mehr eine Tätigkeit in „derselben Sache“ ist - zumindest in verfassungsgerichtlichen Verfahren - auch die Mitwirkung an solchen Entscheidungen, die endgültig ein Verfahren abschließen und gegen die Rechtsmittel unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt gegeben sind. Gegen abschließende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts können nicht - entgegen dem Prozessrecht - Rechtsbehelfe bei anderen Gerichten eingelegt werden, um gegen diese dann unter Mitwirkungsausschluss der zuvor befassten Richterinnen und Richter eine neue Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen.
Vorbefassung mit "derselben Sache" in einem weiteren Verfahren ausgeschlossen
Auch die durch eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts festgesetzte Missbrauchsgebühr ist unanfechtbar und kann deswegen nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sein. Eine Vorbefassung mit „derselben Sache“ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG in einem weiteren Verfahren ist damit von vornherein ausgeschlossen.
Unzulässige Klagen begründen keinen Mitwirkungsausschluss der genannten Richter
Die genannten Richter können auch an der Entscheidung über die Frage des Mitwirkungsausschlusses mitwirken. Die offensichtlich unzulässigen Klagen zum Verwaltungsgericht bilden völlig eigenständige, neue Verfahrensgegenstände und sind von vornherein nicht geeignet, einen Mitwirkungsausschluss zu begründen.
Im Übrigen liegen Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung nicht vor.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.04.2013
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss15607
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.