15.11.2024
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Dokument-Nr. 16845

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Beschluss19.06.2013Bundesverfassungsgericht1 BvR 2253/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2013, 2813Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 2813
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Vorinstanzen:
  • Verwaltungsgericht Darmstadt, Beschluss12.08.2009, 7 L 840/09.DA(3)
  • Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss21.08.2009, 7 B 2407/09
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss19.06.2013

BVerfG: Schul­sprengel­pflicht ist verfas­sungsgemäßVorliegen eines besonderen pädagogischen Konzepts der Schule begründet Ausnahme von Schul­sprengel­pflicht

Die Pflicht eines Schülers in die Schule zu gehen, in deren Schulbezirk er wohnt (sog. Schul­sprengel­pflicht), ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Eine Ausnahme von dieser Pflicht besteht, wenn eine Schule ein besonderes pädagogisches Konzept besitzt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­verfas­sungs­ge­richts hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wollten die Eltern einer Schülerin ihr Kind an eine Grundschule anmelden, die sich nicht in dem Bezirk befand, in welchen sie wohnten. Hintergrund dessen war, dass die andere Schule ein bilinguales Lernen anbot und als musikalische Grundschule zertifiziert war. Die zuständige Schuldbehörde lehnte eine Ausnahme von der Schulsprengelpflicht ab. Die Eltern zogen daraufhin vor Gericht.

Verwal­tungs­gericht und Verwal­tungs­ge­richtshof lehnten Ausnahme von Schul­spren­gel­pflicht ab

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt und der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof lehnten ebenfalls eine Ausnahme von der Schul­spren­gel­pflicht ab. Denn für die Gerichte war es nicht ersichtlich, dass die andere Schule über ein besonderes pädagogisches Konzept verfügte. Zudem hielten sie die Unterschiede zwischen den beiden Schulen für nicht erheblich. Die Eltern legten daraufhin Verfassungsbeschwerde ein. Denn ihrer Meinung nach sei die Schul­spren­gel­pflicht verfas­sungs­widrig.

BVerfG nahm Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung an

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nahm die Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung an. Denn die Eltern haben es unterlassen aufzuzeigen, dass die Annahme der Vorgerichte, der Unterricht an beiden Schulen weise keine gravierenden Unterschiede auf, falsch ist. Sie hätten konkret darauf eingehen müssen, dass grundlegende Unterschiede tatsächlich bestehen. Zudem sei es unklar geblieben, ob die beiden Schulen überhaupt ein eigenständiges pädagogisches Profil gebildet hatten. Auch dazu wären Belege notwendig gewesen.

Grund­rechts­ver­letzung lag nicht vor

Darüber hinaus stellte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht fest, dass die gesetzliche Schul­spren­gel­pflicht für die Grundschüler nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Denn durch sie sollen möglichst kurze Wege zwischen der Wohnung und der Schule ermöglicht werden. Außerdem soll es zu einer weitgehend gleichmäßigen Auslastung der Schulen kommen. Des Weiteren dürfe nicht außer Acht bleiben, dass ein einheitlicher Bildungsgang für alle schul­pflichtigen Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft erreicht werden soll. All dies seien legitime gesetz­ge­be­rische Ziele.

Schul­spren­gel­pflicht erfordert keine exakt gleichen Angebote

Weiterhin gab das Bundes­ver­fas­sungs­gericht zu bedenken, dass die Schul­spren­gel­pflicht keine exakt gleichen Schulen und Bildungs­an­gebote erfordert. Eine solche Übereinstimmung sei nicht zu erreichen. Vielmehr sei es selbst­ver­ständlich, dass den Schulen pädagogische Gestal­tungs­spielräume verbleiben müssen, ohne dass dadurch die Bindung an Schulbezirke gleich zu einer Grund­rechts­ver­letzung führt.

Ausnahmen bei besonderen pädagogischen Konzepten

Hat eine Schule dagegen ein eigenständiges pädagogisches Konzept entwickelt, müsse nach Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts von der Ausnah­me­re­gelung gebrauch gemacht werden. Dabei haben die Schulbehörden und Verwal­tungs­ge­richte die Pflicht die Ausnah­me­vor­schrift weit auszulegen, vor allem wenn es um das Vorliegen von besonderen pädagogischen Konzepten geht.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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