15.11.2024
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Dokument-Nr. 5150

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Bundesverfassungsgericht Beschluss03.07.2007

Teile des neuen Hufbe­schlag­ge­setzes sind verfas­sungs­widrig

Die Verfas­sungs­be­schwerde von praktizierenden oder zukünftigen Hufpflegern und Huftechnikern sowie von Betreibern von Schulen für Hufpflege und Huftechnik und Lehrerinnen an solchen Einrichtungen gegen Vorschriften des neu gefassten Hufbe­schlag­ge­setzes war überwiegend erfolgreich. Der Erste Senat des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts stellte fest, dass die Unterwerfung der von den Beschwer­de­führern ausgeübten Berufe unter die Zulas­sungs­vor­aus­set­zungen für Hufbe­schlag­schmiede das Recht der Beschwer­de­führer auf freie Berufswahl verletzt. Insoweit sind die beanstandeten Normen nichtig.

Die Beschwer­de­führer wenden sich mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und der damit verbundenen Verfassungsbeschwerde als praktizierende oder zukünftige Huftechniker und Hufpfleger sowie als Betreiber von Schulen für Hufpflege und Huftechnik gegen die Unterwerfung ihrer beruflichen Tätigkeiten unter das neue Hufbe­schlag­gesetz, das zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist. „Hufpfleger“ übernehmen die Hufversorgung von Pferden ohne jeden Hufschutz oder mit lediglich temporärem Hufschutz. Als „Huftechniker“ werden Spezialisten für alle Arten der Hufhilfsmittel und des Hufschutzes mit Ausnahme des – bisher schon dem Hufschmied vorbehaltenen – Eisenbeschlages bezeichnet. Nachdem das neue Gesetz „Hufbeschlag“ als „die Gesamtheit aller Verrichtungen an einem Huf zum Zweck des Schutzes, der Gesunderhaltung, der Korrektur oder der Behandlung“ definiert, dürfen die Tätigkeiten der Hufpfleger und Huftechniker grundsätzlich nur noch von geprüften und staatlich anerkannten Hufbe­schlag­schmieden ausgeübt werden. Diese Anerkennung setzt unter anderem eine zweijährige hauptberufliche Beschäftigung bei einem Hufbe­schlag­schmied voraus. Hufbe­schlag­schulen dürfen zukünftig nur betrieben werden, wenn sie staatlich anerkannt sind. Hierfür ist unter anderem erforderlich, dass in der Schule ausreichend Hufbe­schlag­lehr­schmiede beschäftigt werden. Die Anerkennung als Hufbe­schlag­lehr­schmied kann nur nach einer mindestens fünfjährigen Tätigkeit als Hufbe­schlag­schmied erfolgen.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Zum einen belastet die Neuregelung Hufpfleger unangemessen. Indem sie die Barhuf­ver­sorgung den staatlich anerkannten Hufbe­schlag­schmieden vorbehält, wird für die Zukunft der Hufpflegeberuf abgeschafft. Die Intensität dieses Eingriffs in die Freiheit der Berufswahl steht außer Verhältnis zu den Vorteilen, die mit der Zusammenführung beider Berufe zugunsten eines durch die Sicherung der Qualität der Hufversorgung verbesserten Tierschutzes erreicht werden können. Die Qualität der Hufversorgung könnte auch dadurch gesichert werden, dass der Zugang zum Beruf des Hufpflegers von dem Erwerb und dem Nachweis der theoretischen Kenntnisse abhängig gemacht wird, die notwendig sind, um aus dem gesamten Spektrum der Hufversorgung, das von der Barhufpflege über alternative Hufschutz­ma­te­rialien bis zum Eisenbeschlag reicht, die jeweils indizierte Methode auswählen zu können. Auf diese Weise kann auch ohne schmie­de­tech­nische Ausbildung die Fähigkeit begründet und die Bereitschaft der Hufpfleger gefördert werden, auf im Einzelfall indizierte andere Hufver­sor­gungs­me­thoden wie den Eisenbeschlag oder alternative Hufschutz­ma­te­rialien auch dann hinzuweisen und sie gegebenenfalls zu empfehlen, wenn sie diese nicht selbst vornehmen können.

Unangemessen ist die Neuregelung auch gegenüber Huftechnikern. Unterziehen sie sich nicht der Ausbildung zum Hufbe­schlag­schmied, so können sie ihre berufliche Tätigkeit nicht fortsetzen. Das Quali­fi­ka­ti­o­ns­er­for­dernis schmie­de­tech­nischer Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten steht in keinem Verhältnis zur beruflichen Tätigkeit der Huftechniker. Sie benötigen diese Qualifikation nicht, weil sie den Eisenbeschlag als Teil ihrer zukünftigen beruflichen Tätigkeiten nicht anstreben, sondern im Gegenteil für ihren Beruf nachdrücklich ausschließen. Um Tierhaltern die erforderlichen kompetenten Ansprechpartner auch unter den Huftechnikern zur Verfügung zu stellen, reicht es - nicht anders als bei den Hufpflegern - aus, wenn Huftechniker zur Aufnahme ihres Berufs theoretische Kenntnisse erwerben und nachweisen müssen, die sie in die Lage versetzen, uneingeschränkt aus dem gesamten Versor­gungs­spektrum einschließlich des Eisenbeschlags die jeweils indizierte Methode auszuwählen, die Tierhalter entsprechend zu beraten und gegebenenfalls an Hufbe­schlag­schmiede zu verweisen.

Der Erwerb und der Nachweis einer unzumutbaren Überqua­li­fi­kation wird auch von Betreibern von Schulen für Hufpflege und Huftechnik sowie von Lehrern an solchen Einrichtungen verlangt. Die Anerkennung als Hufbe­schlag­schule setzt voraus, dass auch schmie­de­tech­nische Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden. Für dieses zwingend vorgeschriebene Ausbil­dungs­angebot gibt es jedoch keine Rechtfertigung, weil weder Hufpfleger noch Huftechniker für ihre ordnungsgemäße berufliche Tätigkeit der insoweit vermittelten Qualifikation bedürfen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 110/07 des BVerfG vom 14.11.2007

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