21.11.2024
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Dokument-Nr. 4585

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Bundesverfassungsgericht Beschluss03.07.2007

Regelungen zur gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung sind verfas­sungsgemäßLeiha­r­beitsfirma scheitert mit Verfas­sungs­be­schwerde gegen Zustän­dig­keits­re­gelung und Beitrags­vor­schriften

In der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung sind hauptsächlich abhängig beschäftigte Arbeitnehmer gegen die Risiken eines Arbeitsunfalls, eines Wegeunfalls und einer Berufskrankheit versichert. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfalls­ver­si­cherung werden von den Arbeitgebern getragen. Träger der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung sind die Berufs­ge­nos­sen­schaften. Sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen der Gesetzgeber Autonomie eingeräumt hat. Für Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten) sind grundsätzlich die gewerblichen Berufs­ge­nos­sen­schaften zuständig. Die konkrete Zuordnung eines Unternehmens zu einer von derzeit 35 gewerblichen Berufs­ge­nos­sen­schaften erfolgt in erster Linie aufgrund des autonomen Satzungsrechts einer Berufs­ge­nos­sen­schaft. Herangezogen werden insoweit Bundes­rats­be­schlüsse und Gewerbe-Verzeichnisse aus den Anfängen der Sozia­l­ver­si­cherung in Deutschland im 19. Jahrhundert. Von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, die Zuständigkeit der Berufs­ge­nos­sen­schaften durch Rechts­ver­ordnung festzusetzen, hat das Bundes­mi­nis­terium für Gesundheit und Soziale Sicherung bislang keinen Gebrauch gemacht. Die Berufs­ge­nos­sen­schaften bilden zur Erfassung der versicherten Risiken Gefahrtarife, die in Gefahrklassen unterteilt sind. Die Beitrags­fest­setzung erfolgt aufgrund der Zuordnung der Beschäftigten der versicherten Unternehmen in Gefahrtarife und Gefahrklassen.

Die Beschwer­de­führerin ist ein mittel­stän­disches Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeit­neh­mer­über­lassung. Sie wandte sich im fachge­richt­lichen Rechtsweg erfolglos gegen die Zuständigkeit der Verwaltungs-Berufs­ge­nos­sen­schaft sowie gegen die Beitrags­fest­setzung, die aufgrund eines speziell für Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeit­neh­mer­über­lassung gebildeten Gefahrtarifs mit zwei Gefahrklassen erfolgte.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die gegen die sozial­ge­richt­lichen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Vorschriften gerichtete Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Regeln über die Zuständigkeit der gewerblichen Berufs­ge­nos­sen­schaften und das Verfahren der Beitrags­fest­setzung sowie deren konkrete Anwendung verletzten die Beschwer­de­führerin nicht in ihren verfas­sungs­mäßigen Rechten.

Der parla­men­ta­rische Gesetzgeber habe die Zuständigkeit der gewerblichen Berufs­ge­nos­sen­schaften ausreichend bestimmt geregelt. Auch die gesetzliche Ermächtigung des Unfall­ver­si­che­rungs­trägers zur Festsetzung eines Gefahrtarifs sei verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber habe das Beitragsrecht im Wesentlichen selbst gesetzlich geregelt und die Regelung von Details auf die Berufs­ge­nos­sen­schaften delegiert. So habe der Gesetzgeber die Struktur der Tarife durch Gefahrtarife und Gefahrklassen zur Abbildung der versicherten Risiken selbst vorgegeben und nur die konkrete Festsetzung der Tarife der Selbst­ver­waltung der Berufs­ge­nos­sen­schaften überantwortet. Die Bildung eines speziellen Gefahrtarifs für Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeit­neh­mer­über­lassung sei einleuchtend, weil für die dort beschäftigten Arbeitnehmer besondere gewerbetypische Unfallgefahren in Folge des häufigen Arbeits­platz­wechsels angenommen werden konnten. Eine weitere Ausdif­fe­ren­zierung des Gefahrtarifs über die beiden Gefahrklassen hinaus sei verfas­sungs­rechtlich nicht geboten. Den Berufs­ge­nos­sen­schaften stehe das Recht zu, durch Typisierungen den Bedürfnissen einer Massen­ver­waltung Rechnung zu tragen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 81/07 des BVerfG vom 24.07.2007

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