15.11.2024
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Dokument-Nr. 29089

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Beschluss18.08.2020Bundesverfassungsgericht1 BvQ 82/20
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Bundesverfassungsgericht Beschluss18.08.2020

Stromerzeuger Steag scheitert vor dem Bundes­ver­fassungs­gericht mit einem Eilantrag gegen das Kohleausstiegs­gesetzErfolgloser Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Kohleausstiegs­gesetz

Das Bundes­ver­fassungs­gericht hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der sich gegen das sogenannte Kohleausstiegs­gesetz richtete, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine noch zu erhebende Verfassungs­beschwerde der Antragstellerin von vornherein unzulässig wäre, weil sich diese als gemischt­wirtschaft­liches Unternehmen, an dem die öffentliche Hand mit mehr als 50 % beteiligt ist, nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ver­fassungs­gerichts nicht auf Grundrechte berufen kann. Entgegen der Einschätzung der Antragstellerin gibt die Charta der Grundrechte der Europäischen Union hier keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft das Ausschrei­bungs­volumen und die Höhe des Stein­koh­le­zu­schlags nach dem sogenannten Kohle­ausstiegs­gesetz, welches am 14. August 2020 in Kraft trat und mit dem die Kohle­ver­stromung in Deutschland bis 2038 schrittweise reduziert und beendet werden soll.

Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Allein­ge­sell­schafterin seit 2014 die Kommunale Betei­li­gungs­ge­sell­schaft mbH & Co. KG (KSBG) ist. Bei der KSBG handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener kommunaler Stadtwerke- und Holding-Unternehmen. Eigentümer der Antragstellerin sind über mehrere Ebenen hinweg überwiegend kommunale Gebiets­kör­per­schaften, welche insgesamt 85,9 % der Anteile halten. Am 29. Juli 2020 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie ist der Ansicht, sie könne sich trotz der Mehrheits­be­tei­ligung der öffentlichen Hand auf Grundrechte berufen. Dies ergebe sich auch aus einer unions­rechts­kon­formen Auslegung des Art. 19 Abs. 3 GG.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG hat keinen Erfolg. Eine noch zu erhebende Verfas­sungs­be­schwerde wäre von vornherein unzulässig.

Öffentliche Hand ist mit mehr als 50 Prozent an dem Unternehmen beteiligt - Antrag daher unzulässig

Inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, staatliche Unternehmen und sogenannte gemischt­wirt­schaftliche Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mehr als 50 % der Anteile hält, können sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nicht nach Art. 19 Abs. 3 GG auf die materiellen Grundrechte berufen. Die Antragstellerin kann sich deshalb als überwiegend von kommunaler Hand gehaltenes gemischt­wirt­schaft­liches Unternehmen nicht auf die von ihr als verletzt gerügten Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 (Eigen­tums­freiheit) und Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) berufen.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gibt keinen Anlass, die Grund­rechts­be­rech­tigung der Antragstellerin abweichend zu beurteilen. Anderes folgt entgegen der Einschätzung der Antragstellerin auch nicht aus dem Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts „Recht auf Vergessen I“. Auch nach dieser Entscheidung findet die Charta bei der Beurteilung, ob sich die Antragstellerin gegenüber dem beanstandeten Gesetz auf materielle Grundrechte des Grundgesetzes berufen kann, keine Anwendung, weil das Kohle­ausstiegs­gesetz nicht als Durchführung von Unionsrecht im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh anzusehen ist.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/pt)

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