Dokument-Nr. 2852
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Bundesverfassungsgericht Beschluss17.08.2005
Heß-Kundgebung in Wunsiedel bleibt verboten
Eine vom Antragsteller für den 20. August 2005 in Wunsiedel angemeldete Versammlung unter dem Thema „Gedenken an Rudolf Heß“ bleibt verboten.
Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts lehnte den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Eilrechtsschutz ab. Dieser hatte sich bereits vor den Fachgerichten erfolglos gegen den Sofortvollzug des vom Landratsamt Wunsiedel ausgesprochenen Versammlungsverbots, das sich auf die seit 1. April dieses Jahres geltende Strafvorschrift des § 130 Abs. 4 StGB stützte, gewandt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Der Antrag auf Eilrechtsschutz hat keinen Erfolg.
1. Zwar wäre eine Verfassungsbeschwerde nicht von vorneherein unzulässig oder unbegründet. Der Ausgangskonflikt und die dem versammlungsbehördlichen Verbot zu Grunde liegende Strafrechtsnorm werfen eine Reihe schwieriger Rechtsfragen auf, die letztlich nur in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten. Insbesondere wäre die umstrittene Verfassungsmäßigkeit des § 130 Abs. 4 StGB zu prüfen und die Frage zu entscheiden, ob die einzelnen vom Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof benannten Argumente, insbesondere die Annahme einer Störung des öffentlichen Friedens, das Verbot einer Versammlung wie der für Wunsiedel geplanten rechtfertigen kann.
2. Die gebotene Folgenabwägung fällt aber zu Lasten des Antragstellers aus.
Bei Ablehnung des beantragten Eilrechtsschutzes (und späterem Erfolg einer Verfassungsbeschwerde) könnte der Antragsteller die geplante Versammlung nicht durchführen. Da es sich um eine in jährlichen Abständen immer wieder am Todestag von Rudolf Heß geplante Veranstaltung handelt, ist der Nachteil für den Antragsteller geringer, als wenn es um eine Demonstration aus einem besonderen aktuellen und insofern unwiederbringlichen Anlass ginge. Könnte dagegen die Versammlung wie geplant stattfinden und erwiese sich eine Verfassungsbeschwerde später als unbegründet, wäre die Versammlung unter Verstoß gegen § 130 Abs. 4 StGB durchgeführt worden. Maßgebende Repräsentanten der politischen Parteien, auf deren Initiative § 130 Abs. 4 StGB (Volksverhetzung) geschaffen worden ist, haben im Deutschen Bundestag mit Blick auf die vom Antragsteller konkret geplante Veranstaltung zum Ausdruck gebracht, dass sie in ihr eine Störung des öffentlichen Friedens erkennen, die sogar ein Eingreifen des Gesetzgebers durch Schaffung einer neuen Strafrechtsnorm erforderlich mache. Dies indiziert, dass den von der Versammlung ausgehenden Gefahren vom Deutschen Bundestag ein hohes Gewicht beigemessen wird. Das Bundesverfassungsgericht legt diese Einschätzung des Gesetzgebers seiner Folgenabwägung zu Grunde mit dem Ergebnis, dass die einstweilige Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile für den Antragsteller geboten ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.08.2005
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 74/2005 vom 17. August 2005
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