09.11.2024
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Dokument-Nr. 34402

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Bundessozialgericht Urteil19.09.2024

Kostenfreier ÖPNV auch für Hilfe zur Pflege beziehende schwer­be­hinderte und erheblich gehbehinderte HeimbewohnerKein sachlicher Grund, hilfebedürftige Heimbewohner von der kostenlosen Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs auszuschließen

Hilfe zur Pflege beziehende Heimbewohner, die infolge ihrer Schwer­be­hin­derung in ihrer Bewegungs­fä­higkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, haben Anspruch auf unentgeltliche Beförderung im ÖPNV. Dies hat das Bundes­sozial­gericht entschieden.

Die in einem Pflegeheim wohnende Klägerin erfüllte wegen ihrer Schwer­be­hin­derung und der Zuerkennung des Merkzeichens G die Grund­vor­aus­set­zungen für die unentgeltliche Beförderung im ÖPNV. Durch eigenes Einkommen verfügte sie zwar über hinreichende Mittel, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Heimkosten zahlte jedoch nach Anrechnung des noch verbleibenden aber unzureichenden Einkommens der Sozia­l­hil­fe­träger. Die Klägerin verwendete die ihr noch verfügbaren Eigenmittel zur Beschaffung der ein Jahr gültigen Wertmarke in Höhe von 91 Euro, die ihr nunmehr von dem Beklagten zu erstatten sind.

BSG behebt planwidrige Regelungslücke

Zwar erfasst der Befrei­ung­s­tat­bestand des §?228?Absatz?4?Nummer?2 SGB?IX seinem Wortlaut nach unter anderem nur Bezieher von den Lebensunterhalt sichernden laufenden Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozial­ge­setzbuch (SGB XII). Trotzdem genügt als Anspruchs­vor­aus­setzung über den Wortlaut hinaus auch der Erhalt von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII, jedenfalls soweit Anspruch auf Hilfe zur Pflege in einem Alten- und Pflegeheim besteht. Dies folgt aus einer analogen Anwendung der Norm auf hilfebedürftige Heimbewohner, die durch den Bezug von Hilfe zur Pflege dem Existenz­si­che­rungs­system der Sozialhilfe zugehörig sind.

Durch den Systemwechsel vom Bundes­so­zi­a­l­hil­fe­gesetz zum SGB XII im Jahr 2005 ist insoweit eine planwidrige Regelungslücke im SGB IX entstanden, indem die lediglich Hilfe zur Pflege beziehenden Heimbewohner aus dem Befrei­ung­s­tat­bestand herausgefallen sind, ohne dass ersichtlich ist, dass diese Rechtsfolge vom Gesetzgeber beabsichtigt war. Ein sachlicher Grund für den Ausschluss dieser hilfe­be­dürftigen Heimbewohner erschließt sich nicht.

Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (pm/ab)

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