18.10.2024
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Dokument-Nr. 21437

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Bundessozialgericht Urteil11.08.2015

Aufhebung der Schwer­behinderten­eigenschaft nach erfolgreicher Heilung auch noch nach vielen Jahren zulässigJahrzehntelange Untätigkeit des Versor­gung­samtes macht Aufhebung für die Zukunft nicht rechtswidrig

Das Versorgungsamt darf auch dann den Schwer­behinderten­status eines Erkrankten entziehen, obwohl es das schon über zehn Jahre vorher hätte tun können, stattdessen aber einen unbefristeten Schwer­behinderten­aus­weis ausgestellt hatte. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­sozial­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Beim Kläger wurde 1992 ein bösartiges Geschwulst diagnostiziert und dieses operativ entfernt. Obwohl diese Krebsbehandlung sich später als erfolgreich erwies, stellte das zuständige Versorgungsamt beim Kläger im Januar 1993 einen Grad der Behinderung mit 50 seit dem 1. Juli 1992 fest. Dies entspricht den Vorschriften über die sogenannte Heilungs­be­währung. Sie sehen bei bestimmten schweren Krebs­er­kran­kungen wie derjenigen des Klägers während eines Zeitraums von fünf Jahren pauschal die Feststellung der Schwer­be­hin­der­te­nei­gen­schaft vor. Denn in dieser Zeit kommen häufig Rückfälle vor; die Angst davor verschlimmert für die Betroffenen die ohnehin erheblichen Auswirkungen der Krebstherapie. Nach Ablauf der Zeit der Heilungs­be­währung richtet sich der Grad der Behinderung dann aber nach dem tatsächlichen Gesund­heits­zustand des Betroffenen. Diesen zu überprüfen hatte das Versorgungsamt aber im Fall des Klägers trotz Ablaufs der Heilungs­be­währung, also ab 1997, versäumt. Stattdessen hatte es ihm sogar einen unbefristeten Schwer­be­hin­der­te­n­ausweis ausgestellt. Erst 2012 holte das Versorgungsamt die versäumte Überprüfung nach und entzog dem Kläger für die Zukunft seinen Schwer­be­hin­der­ten­status.

Langes Untätigbleiben des Versor­gung­samtes allein führt nicht zur Verwirkung des Aufhe­bungs­rechts

Zu Recht, entschied das Bunde­s­o­zi­al­gericht. Bereits 1997 rechtfertigte der Gesund­heits­zustand des Klägers seinen Schwer­be­hin­der­ten­status nicht mehr. Seine Krebserkrankung war nicht wieder aufgetreten, ansonsten war er weitgehend gesund. Die jahrzehntelange Untätigkeit des Versor­gung­samtes macht die Aufhebung für die Zukunft nicht rechtswidrig. Der Kläger durfte nicht darauf vertrauen, für alle Zeiten seinen Status als Schwerbehinderter behalten zu können, obwohl sein Gesund­heits­zustand dies schon lange nicht mehr rechtfertigte. Das Versorgungsamt hatte sein Aufhebungsrecht auch nicht verwirkt. Es hatte dem Kläger niemals ausdrücklich zu verstehen gegeben, trotz der Besserung seines Zustands auf die Aufhebung verzichten zu wollen. Das lange Untätigbleiben des Versor­gung­samtes allein führte nicht zur Verwirkung. Auch die unbefristete Ausstellung des Schwer­be­hin­der­te­n­aus­weises begründete für sich genommen keine Rechte, sondern dokumentierte nur die zu Grunde liegende Feststellung. Sie aufzuheben hatte das Versorgungsamt lediglich aus Versehen unterlassen.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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