23.11.2024
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Dokument-Nr. 28702

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Bundessozialgericht Urteil30.04.2020

Anspruch auf Sozialhilfe auch mit Vermögen aus Opferrente möglichNachzahlungen unterliegen auf jeden Fall dem Vermögensschutz

Das BSG hat entschieden, dass Vermögen, das aus Zahlungen einer Grundrente an ein Opfer einer Gewalttat angespart worden ist, nicht immer aufgebraucht werden muss, bevor ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht, weil es unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte geschützt sein kann.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin wurde als Zehnjährige Opfer einer Gewalttat ihres Vaters. Im Jahr 2004 stellte das Versorgungsamt als Schädi­gungsfolge eine psychoreaktive Störung bei einer Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit von 50 fest, bewilligte eine monatliche Grundrente in Höhe von 218 Euro sowie eine Nachzahlung in Höhe 13 728 Euro.

Antrag auf Sozialhilfe wegen Vermögens aus Opferrente abgelehnt

Im Januar 2012 zog die Klägerin in eine eigene Wohnung, wo sie seitdem ambulant betreut wird. Ihren Sozia­l­hil­fe­antrag lehnte der Sozia­l­hil­fe­träger ab, weil zunächst das Vermögen von mehr als 19 000 Euro (Nachzah­lungs­betrag sowie angesparte Teile der Grundrente) bis auf den für jeden Leistungs­be­zieher geltenden Freibetrag von 2600 Euro aufzubrauchen sei. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben.

Vermögen aus Zahlung einer Opferrente kann wegen besonderer Härte geschützt sein

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass angespartes Vermögen aus den Zahlungen einer Grundrente an ein Opfer einer Gewalttat unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte geschützt sein kann. Damit setzt der Senat sowohl seine bisherige Rechtsprechung als auch die des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts und des Bundes­ge­richtshofs im Grundsatz fort. Obwohl die Grundrente sozia­l­hil­fe­rechtlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist, gehören Ansparungen aus diesen Leistungen seit einer Geset­ze­s­än­derung zum 1.7.2011 ausdrücklich zu dem für den laufenden Lebensunterhalt einzusetzenden Vermögen. Aus der besonderen Stellung der Betroffenen und der Verant­wort­lichkeit des Staates gegenüber den Berechtigten können sich im Einzelfall aber auch weiterhin Härte­fa­ll­ge­sichts­punkte ergeben, die eine (teilweise) Freistellung des angesparten Vermögens rechtfertigen.

Fall zur abschließenden Entscheidung ans LSG zurückverwiesen

Ob ein solcher Sachverhalt vorliegt konnte das BSG nicht abschließend entscheiden. Da das Vermögen der Klägerin als Jugendliche zugeflossen ist und mit den laufenden Zahlungen auszugleichende schädi­gungs­be­dingte Mehrauf­wen­dungen damals offenbar nicht angefallen sind, wird das LSG nach Zurück­ver­weisung der Sache insbesondere zu prüfen haben, ob es zu einer späteren "angemessenen Lebensführung" im Erwach­se­ne­nalter angespart worden ist oder dem Ausgleich schädi­gungs­be­dingter Mehrauf­wen­dungen dienen sollte, die im Kindes- und Jugendalter noch nicht relevant sein konnten.

Nachzahlungen in Höhe des BVG-Vermö­gens­schon­betrags unterliegen dem Vermögensschutz

In jedem Fall geschützt ist ein Vermögen aus einer Nachzahlung wegen dieser Gewalttat nicht nur in Höhe des allgemeinen Freibetrags nach dem SGB XII (seit dem 1.4.2017 in Höhe von 5000 Euro, zuvor 2600 Euro), sondern in Höhe des Betrags, der dem erheblich höheren Vermö­gens­schon­betrag nach dem BVG entspricht (im Fall der Klägerin rund 7500 Euro).

Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (pm/ab)

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