18.10.2024
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Dokument-Nr. 3306

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Bundessozialgericht Urteil07.11.2006

75 qm große Eigen­tums­wohnung steht Anspruch auf ALG II nicht entgegenZum Anspruch auf Arbeits­lo­sengeld II trotz vorhandener Eigen­tums­wohnung

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat präzisiert bis zu welcher Größe Eigen­tums­woh­nungen von ALG II Empfängern als nicht unangemessen groß gelten und zum so genannten Schonvermögen gehören. Nicht unangemessen groß ist eine Wohnfläche, die bei einem Vier-Personen-Haushalt 120 qm nicht übersteigt. Bei einer geringeren Familiengröße sind für jede Person 20 qm abzuziehen. Bei Einzelpersonen kann auch eine Wohnung von 80 qm noch angemessen sein.

Die 1979 geborene ledige Klägerin ist Eigentümerin einer von ihr bewohnten Eigen­tums­wohnung mit einer Wohnfläche von 75 qm (drei Zimmer, Küche, Bad). Der beklagte Grund­si­che­rungs­träger lehnte den Antrag auf Weiter­be­wil­ligung von Arbeits­lo­sengeld II für das zweite Halbjahr 2005 unter Hinweis auf die Verwertbarkeit ihrer Eigen­tums­wohnung ab. Die Größe der Wohnung überschreite die Grenze von 60 qm, bis zu der eine Wohnung für eine Person als angemessen anzusehen und nicht als Vermögen zu berücksichtigen sei. Das Sozialgericht hat den beklagten Grund­si­che­rungs­träger verurteilt, der Klägerin auch für das zweite Halbjahr 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts zu gewähren.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts hat das Bundes­so­zi­al­gericht aufgehoben; der Rechtsstreit wurde an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen konnte das Bundes­so­zi­al­gericht nicht abschließend entscheiden, ob und in welcher Höhe der beklagte Grund­si­che­rungs­träger der Klägerin Alg II zu gewähren hat. Das Sozialgericht hat im Ergebnis allerdings zu Recht entschieden, dass ein Anspruch der Klägerin nicht schon wegen der Verwertbarkeit ihrer Eigen­tums­wohnung abgelehnt werden durfte. Denn die von ihr bewohnte Wohnung hat keine unangemessene Größe und zählt deshalb zum Schonvermögen der Klägerin. Bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks oder einer entsprechenden Eigen­tums­wohnung ist im Regelfall in Ermangelung geeigneterer Richtgrößen weiterhin auf die zwischen­zeitlich außer Kraft getretenen Bestimmungen des II. Wohnungs­bau­ge­setzes (II. WobauG) abzustellen. Zwar läge es nahe, auf die aktuellen Ausfüh­rungs­be­stim­mungen der Länder zum Wohnraum­för­de­rungs­gesetz zurückzugreifen. Dies würde aber zu dem nicht vertretbaren Ergebnis führen, dass die bundes­ein­heitliche Leistung Alg II beim Vorhandensein von Wohneigentum von den erheblich differierenden Wohnflächen-Obergrenzen in den Fördergesetzen der Länder abhängig gemacht würde.

Ausgehend von den Wohnflä­chen­grenzen des § 39 WobauG sind Eigen­tums­woh­nungen nicht unangemessen groß, wenn die Wohnfläche bei einem Haushalt von vier Personen 120 qm nicht überschreitet. Bei einer geringeren Familiengröße sind typisierend für jede Person Abschläge von 20 qm vorzunehmen; wobei im Regelfall von einer Mindestzahl von zwei Personen auszugehen ist, so dass auch bei Einzelpersonen eine Größe von 80 qm als angemessen anzusehen ist.

Über die Höhe der der Klägerin zustehenden Leistungen kann aber erst entschieden werden, wenn die Höhe der Nebenkosten und das bei der Klägerin anzurechnende Einkommen feststehen. In Bezug auf Letzteres hat das Sozialgericht zu Unrecht die Eigenheimzulage als Einkommen behandelt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 33/06 des BSG vom 07.11.2006

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