Dokument-Nr. 3305
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Bundessozialgericht Urteil07.11.2006
ALG II Empfänger muss im Regelfall nicht in andere Gemeinde umziehenGrundsätzlich keine neue Übergangsfrist für Suche nach einer angemessenen Wohnung bei Arbeitslosengeld II-Empfängern
Ein ALG II Empfänger darf in der Regel nicht gedrängt werden, in einen anderen Ort umzuziehen. Das hat das Bundessozialgericht entschieden und ausgeführt, anhand welcher Faktoren zu beurteilen ist, ob eine Wohnung angemessen ist oder nicht. Die Angemessenheit kann nicht allein aus der Wohngröße abgeleitet werden. Vielmehr ist bei der Angemessenheit auf die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zurückzugreifen. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen. Anspruch besteht auf einen Ausstattungsstandard im unteren Segment, wobei als Vergleichsmaßstab auf den Wohnungsstandard am konkreten Wohnort abzustellen ist. Schließlich ist zu prüfen, ob das Produkt aus Wohnstandard/Wohnlage und Preis der Wohnung im Bereich der Angemessenheit liegt. Danach kann die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz Berücksichtung finden.
Die Klägerin bezog bereits im Jahr 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Im Juni 2004 war ihr und ihrem Erwerbsminderungsrente beziehenden Ehemann durch den damaligen Sozialhilfeträger mitgeteilt worden, dass die bisher übernommenen Unterkunftskosten in Höhe von damals 448,70 € (Kaltmiete) unangemessen hoch seien. Angemessen sei eine Miete von 310 € (Kaltmiete) bzw 362 € (Warmmiete) bei einer Wohnungsgröße von 65 qm für zwei Personen. Den Klägern wurde nahe gelegt, sich unverzüglich um eine Wohnung mit einer angemessenen Miete zu bemühen; andernfalls werde die tatsächliche Miete längstens bis 30. September 2004 berücksichtigt. Im August 2004 bezogen die Kläger eine neue Wohnung, deren Kaltmiete für 93 qm 420 € zuzüglich 100 € Betriebskosten betrug. Das Sozialamt des zuständigen Landkreises hatte die Zustimmung zu diesem Umzug auf Grund der Unangemessenheit der Kosten für die neue Wohnung abgelehnt und der Klägerin ab 1. August 2004 nur noch die Hälfte der als angemessen angesehenen Mietkosten gezahlt.
Der 7b. Senat des Bundessozialgerichts hat am 7. November 2006 das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob der Klägerin höhere Unterkunftskosten zustehen. Die Angemessenheit einer Unterkunft für Hilfebedürftige lässt sich nur beurteilen, wenn die konkrete Größe der Wohnung festgestellt wird. Hierbei ist für die Angemessenheit der Größe einer Wohnung auf die landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zurückzugreifen. Sodann ist der Wohnstandard festzustellen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegender Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht. Als Vergleichsmaßstab ist dabei in erster Linie der Wohnungsstandard am konkreten Wohnort heranzuziehen. Ein Umzug in eine andere Wohngemeinde kommt im Regelfall nicht in Betracht. Im Rahmen der Berücksichtigung dieser Faktoren kommt es letztlich darauf an, dass das Produkt aus Wohnstandard/Wohnlage und Preis der Wohnung im Bereich der Angemessenheit liegt. Erst wenn alle anderen Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind, kann auch die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz Berücksichtigung finden.
Nur wenn danach die von der Klägerin und ihrem Ehemann bewohnte Wohnung nicht als angemessen anzusehen ist, muss entschieden werden, ob den Klägern ab 1.1.2005 eine Frist von bis zu sechs Monaten für die Suche einer neuen Wohnung wegen Unzumutbarkeit eines Wohnungswechsels einzuräumen war. Nur im Hinblick auf den Wechsel des Leistungsträgers zum 1. Januar 2005 war jedenfalls eine erneute Aufklärung der Klägerin in Bezug auf die Angemessenheit der Wohnung nicht erforderlich. Zwar setzt die Prüfung der Angemessenheit regelmäßig voraus, dass die Leistungsempfänger inhaltlich richtig über die maßgebliche angemessene Miethöhe informiert worden sind; es genügt jedoch, wenn diese Information bereits vor dem 1. Januar 2005 durch einen Träger der Sozialhilfe im Rahmen des früheren Sozialhilfebezugs erteilt worden ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.11.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 34/06 des BSG vom 07.11.2006
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