Dokument-Nr. 5560
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Bundessozialgericht Urteil06.02.2008
Hausarztmodell der Barmer teilweise rechtswidrig finanziertKein Fall der integrierten Versorgung
Das Bundessozialgericht hat das von der Barmer Ersatzkasse angewandte Hausarztmodell gekippt. Das System mit einem festen Hausarzt und einer verbindlichen Hausapotheke entspricht nicht den gesetzlichen Regelungen. Die Ersatzkasse hat nach Ansicht der Richter für ihr Hausarztmodell zu Unrecht Fördermittel in Millionenhöhe kassiert.
Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts enthält der von der BARMER Ersatzkasse mit einer Gruppe von Hausärzten und Apotheken abgeschlossene sog "Hausarztvertrag" keine neue Form einer versorgungsbereichsübergreifenden oder interdisziplinären "integrierten Versorgung" der Versicherten. Die Krankenkasse ist deshalb nicht befugt, ihre aufgrund des Vertrags entstehenden Aufwendungen - insbesondere zusätzliche Honorare für Hausärzte und Apotheken - durch Abzüge von den Gesamtvergütungen zu finanzieren, die sie an die Kassenärztlichen Vereinigungen für die herkömmliche Regelversorgung im ambulanten Bereich zu entrichten hat. Die Wirksamkeit des BARMER Hausarztvertrages selbst, an dem sich bundesweit auf freiwilliger Basis 38.000 Ärzte sowie 18.000 Apotheken beteiligen und der mehr als zwei Millionen eingeschriebenen Patienten eine teilweise Befreiung von der Praxisgebühr ermöglicht, wird durch diese Entscheidung nicht in Frage gestellt.
In den zurückliegenden Gesundheitsreformen wurde es den Krankenkassen gestattet, parallel zur derzeit bestehenden Regelversorgung alternative Versorgungsformen durch Vereinbarungen mit den entsprechenden Leistungserbringern zu entwickeln. Hierdurch sollten die Probleme an den Schnittstellen der bisher voneinander getrennten Versorgungssektoren (insbesondere der ambulanten und der stationären Versorgung mit unterschiedlichen Finanzierungsregelungen) entschärft und eine Versorgung etabliert werden, die auf die qualitativ verbesserte Behandlung der Patienten ausgerichtet ist. Zur Finanzierung der damit verbundenen Kosten konnten bzw können die Krankenkassen in den Jahren 2004 bis 2008 bis zu 1 % der Vergütungen einbehalten, die sie für die Regelversorgung an die Kassenärztlichen Vereinigungen und an die Krankenhäuser zu zahlen hatten, und diese Beträge für Verträge der integrierten Versorgung verwenden.
Der Gesetzgeber hat den Inhalt der integrierten Versorgung selbst nicht genauer beschrieben. Die deshalb umstrittene Frage, ob der BARMER Hausarztvertrag durch die Beteiligung der Apotheken eine solche Versorgung etabliert, hat der 6. Senat des Bundessozialgerichts in der ersten Revisionsentscheidung zur integrierten Versorgung nunmehr verneint. Eine integrierte Versorgung muss nicht nur verschiedene Leistungssektoren oder unterschiedliche Fachgebiete umfassen, sondern darauf ausgerichtet sein, Leistungen der bisherigen Regelversorgung zu ersetzen. Jedenfalls an der letztgenannten Voraussetzung fehlt es bei dem BARMER Hausarztvertrag. Die in seinem Rahmen erbrachten Behandlungsleistungen der Hausärzte werden ganz überwiegend innerhalb des bisherigen Regelversorgungssystems der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung abgewickelt und lediglich durch einzelne zusätzliche Elemente ergänzt. Auch ein gemeinsames Budget für die beteiligten Ärzte und Apotheken mit einer die Leistungssektoren überschreitenden Budgetverantwortung ist nicht vorgesehen. Deshalb liegt keine integrierte Versorgung vor, zu deren Finanzierung ein Rückgriff auf die bislang in der Regelversorgung zu zahlenden Vergütungen gerechtfertigt wäre.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.02.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 07/08 des BSG vom 07.02.2008
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