14.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.

Dokument-Nr. 3724

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Bundessozialgericht Urteil30.01.2007

Witwenrente von geschiedener Mutter darf nicht befristet werdenVolljährigkeit der Kinder ist kein Aufhebungsgrund

Auch nach der Volljährigkeit ihrer Kinder hat eine geschiedene und verwitwete Mutter noch Anspruch auf Witwenrente. Das geht aus einem Urteil des das Bundes­so­zi­al­ge­richts in Kassel hervor. Es bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Im Fall war streitig ist, ob die Berufs­ge­nos­sen­schaft für Fahrzeug­hal­tungen (Beklagte) ihren Bescheid zurücknehmen durfte, mit dem sie der Klägerin Witwenrente an frühere Ehegatten (so genannte Geschie­de­nen­wit­wenrente) bewilligt hatte.

Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten G.K., aus der die Kinder Sandra, geboren 1981, und Katja, geboren 1983, hervorgegangen sind, war 1995 geschieden worden. Am 12.1.1997 war G.K. als Lkw-Fahrer bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. In Ausführung eines rechtskräftigen sozial­ge­richt­lichen Urteils bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.11.2001 rückwirkend ab 1.10.1997 Witwenrente. Diesen Bewil­li­gungs­be­scheid nahm sie durch Bescheid vom 25.9.2002 gemäß § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft ab 1.10.2002 wieder zurück und stellte die Witwen­ren­ten­zahlung ein. Die Unter­halts­pflicht des Versicherten nach § 1570 BGB hätte spätestens bei Vollendung des 18. Lebensjahres der Tochter Katja am 27.11.2001 geendet, so dass ab diesem noch vor der Bekanntgabe des Bewil­li­gungs­be­scheides liegenden Zeitpunkt analog § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII kein Anspruch auf Witwenrente mehr bestanden habe. Der Widerspruch blieb erfolglos.

Das Sozialgericht Dortmund hat den Rücknah­me­be­scheid aufgehoben. Der Renten­be­wil­li­gungs­be­scheid sei weder bei seinem Erlass noch bei seinem Zugang rechtswidrig gewesen, so dass für die teilweise Rücknahme keine Rechtsgrundlage bestehe; der Auffassung der Beklagten von einer zeitlich befristeten Witwenrente i. S. des § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sei nicht zu folgen. Das Landes­so­zi­al­gericht (LSG) hat die erstin­sta­nzliche Entscheidung bestätigt. § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sehe bei Unter­halts­ansprüchen nach § 1570 BGB eine zeitliche Beschränkung des Anspruchs auf Geschie­de­nen­wit­wenrente nicht vor und sei auch nicht entsprechend anzuwenden, weil insoweit eine planwidrige Gesetzeslücke nicht bestehe.

Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügte die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts.

Zu Unrecht. Das Bundes­so­zi­al­gericht wies die Revision der Beklagten ab. Der Renten­be­wil­li­gungs­be­scheid vom 26.11.2001 sei nicht rechtswidrig gewesen. Für seine Aufhebung habe keine Grundlage bestanden.

Der Umstand, dass der ohne den Versi­che­rungsfall bestehende famili­en­rechtliche Unter­halts­an­spruch der Klägerin gegen ihren früheren Ehemann mit der Vollendung des 18. Lebensjahres der jüngeren Tochter weggefallen wäre, habe nicht zum Verlust des Anspruchs auf die Geschie­de­nen­wit­wenrente geführt. Die den Rentenanspruch auslösende Unter­halts­ver­pflichtung wegen Kinderbetreuung sei in § 1570 BGB geregelt. Das Gesetz sehe in § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII eine zeitliche Begrenzung des Rentenanspruchs auf die Dauer der Unter­halts­ver­pflichtung aber ausdrücklich nur für Fälle vor, in denen diese Verpflichtung auf § 1572, § 1573, § 1575 oder § 1576 BGB beruht. Angesichts der enumerativen Aufzählung der Ausnahmefälle verbiete sich eine Auslegung, die daneben auch andere, nicht genannte Unter­halt­s­tat­be­stände wie denjenigen des § 1570 BGB in den Anwen­dungs­bereich der Regelung einbeziehen will.

In Betracht käme danach von vornherein allenfalls eine analoge Anwendung des § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Sie scheiterte aber daran, dass es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehle, die allein eine richter­rechtliche Ausweitung des Geltungs­be­reichs der Vorschrift rechtfertigen könne. Nachdem das BGB die Tatbestände, die einen Unter­halts­an­spruch des geschiedenen Ehegatten begründen können, in den §§ 1569 ff im Zusammenhang regelt, erscheint es ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber bei der Aufzählung derjenigen Unter­halt­s­tat­be­stände, die nur für begrenzte Zeit einen Rentenanspruch auslösen sollen, den Fall des § 1570 BGB übersehen habe. Das gelte umso mehr, als das Problem seit langem bekannt sei und die Gesetz­ge­bungs­organe keine Veranlassung gesehen hätten, bei sich bietender Gelegenheit, etwa anlässlich der Neuko­di­fi­zierung des Unfall­ver­si­che­rungs­rechts im SGB VII, die Begren­zungs­re­gelung zu erweitern.

Vorinstanzen:

SG Dortmund, Az. S 23 U 63/03

LSG Nordrhein-Westfalen, Az. L 17 U 126/04

Quelle: ra-online

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