Dokument-Nr. 3724
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Bundessozialgericht Urteil30.01.2007
Witwenrente von geschiedener Mutter darf nicht befristet werdenVolljährigkeit der Kinder ist kein Aufhebungsgrund
Auch nach der Volljährigkeit ihrer Kinder hat eine geschiedene und verwitwete Mutter noch Anspruch auf Witwenrente. Das geht aus einem Urteil des das Bundessozialgerichts in Kassel hervor. Es bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen.
Im Fall war streitig ist, ob die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen (Beklagte) ihren Bescheid zurücknehmen durfte, mit dem sie der Klägerin Witwenrente an frühere Ehegatten (so genannte Geschiedenenwitwenrente) bewilligt hatte.
Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten G.K., aus der die Kinder Sandra, geboren 1981, und Katja, geboren 1983, hervorgegangen sind, war 1995 geschieden worden. Am 12.1.1997 war G.K. als Lkw-Fahrer bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. In Ausführung eines rechtskräftigen sozialgerichtlichen Urteils bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.11.2001 rückwirkend ab 1.10.1997 Witwenrente. Diesen Bewilligungsbescheid nahm sie durch Bescheid vom 25.9.2002 gemäß § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft ab 1.10.2002 wieder zurück und stellte die Witwenrentenzahlung ein. Die Unterhaltspflicht des Versicherten nach § 1570 BGB hätte spätestens bei Vollendung des 18. Lebensjahres der Tochter Katja am 27.11.2001 geendet, so dass ab diesem noch vor der Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides liegenden Zeitpunkt analog § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII kein Anspruch auf Witwenrente mehr bestanden habe. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Das Sozialgericht Dortmund hat den Rücknahmebescheid aufgehoben. Der Rentenbewilligungsbescheid sei weder bei seinem Erlass noch bei seinem Zugang rechtswidrig gewesen, so dass für die teilweise Rücknahme keine Rechtsgrundlage bestehe; der Auffassung der Beklagten von einer zeitlich befristeten Witwenrente i. S. des § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sei nicht zu folgen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sehe bei Unterhaltsansprüchen nach § 1570 BGB eine zeitliche Beschränkung des Anspruchs auf Geschiedenenwitwenrente nicht vor und sei auch nicht entsprechend anzuwenden, weil insoweit eine planwidrige Gesetzeslücke nicht bestehe.
Mit ihrer - vom LSG zugelassenen - Revision rügte die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts.
Zu Unrecht. Das Bundessozialgericht wies die Revision der Beklagten ab. Der Rentenbewilligungsbescheid vom 26.11.2001 sei nicht rechtswidrig gewesen. Für seine Aufhebung habe keine Grundlage bestanden.
Der Umstand, dass der ohne den Versicherungsfall bestehende familienrechtliche Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren früheren Ehemann mit der Vollendung des 18. Lebensjahres der jüngeren Tochter weggefallen wäre, habe nicht zum Verlust des Anspruchs auf die Geschiedenenwitwenrente geführt. Die den Rentenanspruch auslösende Unterhaltsverpflichtung wegen Kinderbetreuung sei in § 1570 BGB geregelt. Das Gesetz sehe in § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII eine zeitliche Begrenzung des Rentenanspruchs auf die Dauer der Unterhaltsverpflichtung aber ausdrücklich nur für Fälle vor, in denen diese Verpflichtung auf § 1572, § 1573, § 1575 oder § 1576 BGB beruht. Angesichts der enumerativen Aufzählung der Ausnahmefälle verbiete sich eine Auslegung, die daneben auch andere, nicht genannte Unterhaltstatbestände wie denjenigen des § 1570 BGB in den Anwendungsbereich der Regelung einbeziehen will.
In Betracht käme danach von vornherein allenfalls eine analoge Anwendung des § 66 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Sie scheiterte aber daran, dass es an einer planwidrigen Gesetzeslücke fehle, die allein eine richterrechtliche Ausweitung des Geltungsbereichs der Vorschrift rechtfertigen könne. Nachdem das BGB die Tatbestände, die einen Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten begründen können, in den §§ 1569 ff im Zusammenhang regelt, erscheint es ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber bei der Aufzählung derjenigen Unterhaltstatbestände, die nur für begrenzte Zeit einen Rentenanspruch auslösen sollen, den Fall des § 1570 BGB übersehen habe. Das gelte umso mehr, als das Problem seit langem bekannt sei und die Gesetzgebungsorgane keine Veranlassung gesehen hätten, bei sich bietender Gelegenheit, etwa anlässlich der Neukodifizierung des Unfallversicherungsrechts im SGB VII, die Begrenzungsregelung zu erweitern.
Vorinstanzen:
SG Dortmund, Az. S 23 U 63/03
LSG Nordrhein-Westfalen, Az. L 17 U 126/04
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.02.2007
Quelle: ra-online
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