21.11.2024
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Dokument-Nr. 8338

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Bundessozialgericht Urteil20.08.2009

Grund­si­che­rungs­träger muss Leistungen für Erstausstat­tungen einer Wohnung auch nach vorherigem Verzicht auf die Anschaffung einer Wohnungs­ein­richtung übernehmenLeistungen dürfen nicht nur als Darlehen gewährt werden

Verzichtet ein Empfänger von Hatz IV-Leistungen beim Einzug in eine neue Wohnung zunächst auf eine Grund­ausstattung in Form von Möbeln und Teppichboden und meldet diesen Grundbedarf erst einige Jahre später an, muss der Grund­si­che­rungs­träger auch dann noch diese Einrichtung als Zuschuss oder als Sachleistungen gewähren. Dies entschied das Bundes­so­zi­al­gericht.

Der im Jahre 1966 geborene Kläger bezog im Dezember 2003 eine 42 Quadratmeter große Wohnung in Berlin. Zu diesem Zeitpunkt und weiter bis zum 31. Dezember 2004 erhielt er Arbeits­lo­senhilfe nach dem SGB III, ab dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Hartz IV). Erst im November 2005 beantragte er bei dem Grund­si­che­rungs­träger eine Erstausstattung für die Wohnung (Küchen- und Wohnzim­mer­schränke, ein Bett mit Lattenrost und neuer Matratze, Fußbodenbelag sowie ein Schuhschrank/Garderobe für den Flur). Er habe 2003 zunächst seine Schulden abbezahlt, weil er damit gerechnet habe, bald wieder Arbeit zu finden und auf eine Wohnungs­ein­richtung verzichtet. Er nächtige auf einer 15 Jahre alten Matratze auf dem Boden. Der beklagte Grund­si­che­rungs­träger lehnte den Anspruch auf eine Erstausstattung zunächst ab. Nach Klageerhebung und einer Wohnungs­be­sich­tigung erkannte er den Bedarf für eine Matratze an und überwies dem Kläger zur Anschaffung 50 Euro. Hinsichtlich der weiteren Wohnungs­ein­richtung gewährte er ein Darlehen in Höhe von 344 Euro wegen eines unabweisbaren Bedarfs nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Leistungen für Teppichboden und Schuhschrank lehnte er ab.

Grund­si­che­rungs­träger muss Zuschuss für Einrichtung zahlen

Das Bundes­so­zi­al­gericht nach mündlicher Verhandlung der Revision des Klägers stattgegeben. Der Prozess­be­voll­mächtigte des Klägers hatte zuvor in der mündlichen Verhandlung Aufwendungen für einen Teppichboden nicht mehr beantragt. Der beklagte Grund­si­che­rungs­träger wurde verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erstausstat­tungen für seine Wohnung unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Grund­si­che­rungs­träger ist jedoch in jedem Fall verpflichtet, die Leistungen für Erstausstat­tungen für die Wohnung als Zuschuss (unter Umständen auch als Sachleistungen) und nicht nur als Darlehen zu gewähren. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Wohnung bereits im November 2003 bezogen und damals auf den Erwerb von Einrich­tungs­ge­gen­ständen verzichtet hat.

Erläuterungen

Hinweis zur Rechtslage:

§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II

(1) Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 noch auf andere Weise gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfe­be­dürftigen ein entsprechendes Darlehen. […]

(2) […]

(3) Leistungen für

1. Erstausstat­tungen für die Wohnung einschließlich Haushalts­geräten, […] sind nicht von den Regelleistungen umfasst. Sie werden gesondert erbracht. […] Die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschal­be­trägen, erbracht werden.

Quelle: ra-online, BSG

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