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Bundessozialgericht Urteil29.11.2006
Rentner müssen Pflegeversicherung allein bezahlenVoller Pflegeversicherungsbeitrag für Rentner ist nicht verfassungswidrig
Rentner müssen ihren Beitrag zur Pflegeversicherung in voller Höhe selbst tragen. Das Bundessozialgericht hat vier Klagen von Rentnern zurückgewiesen, die sich gegen eine seit April 2004 geltende Neuregelung zur Wehr gesetzt hatten. Seither müssen Rentner 1,7 Prozent ihrer Altersbezüge als Beitrag an die Pflegeversicherung zahlen. Diese Regelung ist nach Ansicht des Bundessozialgerichts nicht verfassungswidrig.
Bis zum 31. März 2004 beteiligten sich die Rentenversicherungsträger an dem Pflegeversicherungsbeitrag aus der Rente zur Hälfte, die andere Hälfte trug der Rentner. Mit Wirkung vom 1. April 2004 hat der Gesetzgeber dies geändert. Seitdem haben die Rentner den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung von 1,7 vH der Rente allein zu tragen. Der Rentenversicherungsträger ist entsprechend entlastet. Diese Regelung ist nun vom Bundessozialgericht als verfassungswidrig beanstandet worden.
Das Bundessozialgericht hat die Revisionen in vier Verfahren zurückgewiesen. Er hat offen gelassen, ob der durch die bisherige Regelung eingeräumte Vorteil eigentumsgeschützt war, denn jedenfalls wäre das Eigentumsrecht durch die Neuregelung nicht verletzt. Schutzgut iS des Art. 14 Grundgesetz ist die Versicherungsleistung insgesamt, dh sowohl die Rentenleistung als auch die Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an der Beitragsleistung zu anderen Versicherungssystemen, wie hier zur Pflegeversicherung. Da diese Versicherungsleistung nicht insgesamt beseitigt, sondern lediglich modifiziert worden ist, ist die Änderung der Rechtslage nach den Grundsätzen zu beurteilen, nach denen in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt werden dürfen. Daran gemessen liegt eine Verletzung des Art. 14 Grundgesetz nicht vor. Der Senat hat berücksichtigt, dass der Gesetzgeber durch die Änderung der Beitragstragungsregelung ab 1. April 2004 faktisch eine Rentensenkung herbeigeführt hat. Nicht die Pflegekassen wurden durch höhere Beitragsleistungen begünstigt der Pflegeversicherungsbeitrag insgesamt blieb unverändert , sondern allein die Träger der Rentenversicherung wurden um ihren Anteil am Pflegeversicherungsbeitrag entlastet. Diese Entlastung war auch Ziel der Regelung, die verbunden mit anderen Maßnahmen die Rentenversicherung als System stabilisieren, dh Einnahmen und Ausgaben in der Rentenversicherung in Übereinstimmung bringen sollte, ohne dass eine Beitragserhöhung in der Rentenversicherung notwendig wurde. Eine Erhöhung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung wollte der Gesetzgeber im Jahr 2003 im Interesse einer Wiederbelebung des Arbeitsmarktes unbedingt vermeiden. Diese Überlegungen stellen ein legitimes Konzept für die Rechtfertigung des Eingriffs dar. Vor diesem Hintergrund war die durch die Neuregelung herbeigeführte Belastung der Rentner nicht im engeren Sinne unverhältnismäßig. Es handelt sich um eine Mehrbelastung die, bezogen auf die so genannte Standardrente von 1.176 € einen Betrag von 9,99 € ausmacht bzw in den neuen Bundesländern bei einer Standardrente von 1.034 € 8,79 €. Bei Rentnern mit einer sehr niedrigen Rente wirkt sich die Regelung ohnehin nicht belastend aus, soweit sie Leistungen der Grundsicherung im Alter bezogen oder beziehen, denn in diesen Fällen ist die zweite Beitragshälfte von den Trägern der Grundsicherung zu übernehmen.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass durch die Neuregelung über die Beitragstragung der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist. Einen Grundsatz, dass Versicherungspflichtige Beiträge nur zur Hälfte, zu tragen haben gibt es weder in der Krankenversicherung noch in der Pflegeversicherung. Es besteht auch kein Grundsatz, dass Erwerbstätige und Rentner bei der Beitragstragung gleich zu behandeln sind. Schließlich musste der Gesetzgeber bei den Rentnern nicht nach der Art der Rente oder dem Rentenbeginn differenzieren.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.11.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 37/06 des BSG vom 29.11.2006
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