Dokument-Nr. 6955
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Bundessozialgericht Urteil06.11.2008
Der Ausschluss rezeptfreier Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ist rechtens
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV rechtmäßig ist. Er ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 und 2 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar.
Der 1934 geborene bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger leidet an einer chronischen Emphysembronchitis. Die Beklagte versorgte ihn deswegen seit 1983 mit dem nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel "Gelomyrtol forte". Seit 1. Januar 2004 schließt § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003) nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV aus. "Gelomyrtol forte" wurde auch nicht in den Ausnahmekatalog dennoch verordnungsfähiger Mittel in den Arzneimittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgenommen. Der Kläger hat mit seiner Klage begehrt, auch weiterhin von der Beklagten mit dem Mittel versorgt zu werden. Das hat das Bundessozialgericht - wie die Vorinstanzen - verneint.
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV rechtmäßig ist. Er ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 2 und 2 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsermessens davon ausgehen, dass nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bereits vor dem 1. Januar 2004 in den Apotheken überwiegend ohne Rezept abgegeben wurden und dass es sich um Arzneimittel im unteren Preisbereich von durchschnittlich weniger als 11 Euro je Packung handelte. Der Ausschluss dieser Arzneimittel aus der Leistungspflicht der GKV war verfassungsrechtlich zumutbar. Dies und die Möglichkeit, sich ohne ärztliche Verschreibung die Arzneimittel selbst zu verschaffen, sind hinreichende Sachgründe für den gesetzlichen Leistungsausschluss. Er wird zudem durch Ausnahmen abgemildert.
Dass der Gesetzgeber die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel grundsätzlich nicht in den Leistungskatalog der deutschen GKV aufgenommen hat, verstößt auch nicht gegen Europäisches Recht. Das hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Sache Pohl-Boskamp (EuGHE I 2006, 10611) bereits hinreichend klar entschieden. Deshalb bedurfte es keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.
Hinweise zum rechtlichen Hintergrund:
§ 34 Abs. 1 SGB V (idF des ab 1.1.2004 geltenden GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190): Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V erstmals bis zum 31. März 2004 fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. … Satz 1 gilt nicht für:
1. versicherte Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, 2. versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen.
Art. 3 Abs. 1 GG: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.11.2008
Quelle: ra-online, Bundessozialgericht
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