14.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil09.11.2005

Kein Vertrau­ens­schutz in "Krankschreibung" des behandelnden Arztes, wenn MDK Arbeits­un­fä­higkeit zuvor verneinte

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat die Revision einer Klägerin zurückgewiesen. Lehnt eine Krankenkasse die Gewährung von Krankengeld ab und lässt sich im anschließenden Sozial­ge­richts­ver­fahren, in dem das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären hat, bei einer revisi­ons­rechtlich nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung nicht mehr feststellen, ob tatsächlich krank­heits­be­dingte Arbeits­un­fä­higkeit vorlag, geht dies regelmäßig zu Lasten des Versicherten.

Ein solcher Fall lag hier vor. Während der Medizinische Dienst der Kranken­ver­si­cherung (MDK) am 3. April 1997 zu dem Ergebnis gekommen war, die Klägerin sei ab dem 21. April wieder arbeitsfähig und ihr dies auch mitteilte, gelangte der sie behandelnde Arzt Dr. M. am Folgetag zur gegenteiligen Ansicht. Er stellte Arbeits­un­fä­higkeits-Bescheinigungen auch über den 20. April hinaus aus, ohne dabei im Einzelnen darzulegen, weshalb er von der Beurteilung des MDK abwich. Die nachfolgende Arbeits­un­fä­higkeits-Bescheinigung des behandelnden Arztes Dr. M. hatte keinen höheren Beweiswert als das MDK-Gutachten und führte nicht dazu, dass die Krankenkasse und die Gerichte zwingend vom Vorliegen von Arbeits­un­fä­higkeit ausgehen müssten.

Ein Versicherter hat Anspruch auf Krankengeld, wenn er seine Beschäftigung krank­heits­bedingt nicht mehr ausüben kann, dieses ärztlich festgestellt worden und der Krankenkasse gemeldet worden ist. Der Versicherte darf in einem Fall, wie er bei der Klägerin vorlag, nicht ohne weiteres darauf vertrauen, dass ihm seine Krankenkasse allein deshalb Krankengeld gewährt, weil ihm sein behandelnder (Vertrags )Arzt Arbeits­un­fä­higkeit bescheinigt hat. Denn die ärztliche Arbeits­un­fä­higkeits-Bescheinigung hat lediglich die Bedeutung einer gutachtlichen Stellungnahme. Eine erneute weitere Begutachtung fand hier nicht statt, weil der MDK nur einen Tag zuvor in einem Gutachten Arbeits­fä­higkeit ab dem 21. April ausdrücklich bejaht und der behandelnde Arzt diesem Ergebnis nicht substantiiert widersprochen hatte.

In einem weiteren, ebenfalls am 8. November 2005 verkündeten Urteil (Az.: B 1 KR 30/04 R) hat der 1. Senat allerdings entschieden, dass sich ein Versicherter darauf verlassen darf, dass eine überein­stimmende Beurteilung von MDK und Hausarzt, er sei nicht mehr arbeitsunfähig, der Richtigkeit entspricht; von einem Versicherten kann in einem solchen Fall nicht verlangt werden, dass er weitere Ärzte aufsucht, bis ihm schließlich Arbeits­un­fä­higkeit bescheinigt wird. Nimmt der Versicherte die überein­stimmende Beurteilung und Annahme von Arbeits­fä­higkeit durch MDK und behandelndem Arzt hin und erhält er daher kein Krankengeld mehr, hat er die Möglichkeit einer späteren Korrektur, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sowohl der MDK als auch der Hausarzt "falsch lagen". Allerdings muss der Versicherte, wenn er von den neuen Tatsachen Kenntnis erlangt, sein Begehren auf nachträgliche Überprüfung spätestens innerhalb einer Woche nach Bekanntwerden der neuen Erkenntnisse geltend machen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 28/05 des BSG v. 09.11.2005

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