03.12.2024
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Bundesgerichtshof Urteil21.09.2005

Mündliche Absprachen haben vor Schrift­form­klauseln in Formu­la­r­miet­ver­trägen über langfristige Geschäfts­raum­miet­ver­hältnisse VorrangBGH zum Verhältnis von Schrift­form­klauseln und mündlichen Absprachen

Nachträgliche, mündliche Indivi­du­a­l­ver­ein­ba­rungen in Formu­la­r­ver­trägen über langfristige Geschäfts­raum­miet­ver­hältnisse haben Vorrang vor Schrift­form­klauseln. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im Fall verlangte ein Vermieter vom Mieter die Zahlung rückständiger Miete in Höhe von über 14.000 DM. Die Parteien hatten im Jahre 1999 einen Mietvertrag über Geschäftsräume zu einem monatlichen Zins von 2.900 DM geschlossen. In einer Klausel des Mietvertrages hieß es: "Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung". Der Mieter zahlte in den Jahren 2000 und 2001 aber nur eine reduzierte Miete von monatlich 2.000 DM mit der Begründung, die Parteien hätten sich nachträglich darauf geeinigt. Das Landgericht Rostock und das Oberlan­des­gericht Rostock verurteilten den Mieter zur Zahlung. Dieses Urteil hob der Bundes­ge­richtshof auf.

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) führte aus, dass die Klausel, wonach Änderungen und Ergänzungen der Schriftform bedürfen, von dem Grundsatz abweiche, dass Indivi­du­a­l­ver­ein­ba­rungen vorgingen. Die Klausel verstoße daher gegen das gesetzliche Leitbild. Ob in Fällen der gesetzlichen Schriftform (z.B. 566 BGB a.F., § 550 BGB) etwas anderes zu gelten habe, sei höchst­rich­terlich bisher nicht entschieden. Die Klärung dieser Frage unterließ der BGH an dieser Stelle, da es hier nicht darauf ankam. Angenommen, die Klausel sei unwirksam, dann konnten die Parteien ohne weiteres nach Abschluss des Mietvertrages durch mündliche Absprache den schriftlichen Mietvertrag ändern. Aber auch wenn die Klausel als wirksam angesehen werden könne, wären die Parteien nicht gehindert gewesen nach Abschluss des Mietvertrages die Klausel zu ändern. Denn der Vorrang der Indivi­du­al­ab­sprache (§ 4 AGBG, nunmehr § 305 b BGB) greife auch gegenüber einer nach AGBG angemessenen Schrift­form­klausel.

Wenn die Parteien nach dem Abschluss eines Formu­la­r­miet­ver­trages eine Änderung mittels Indivi­du­al­ab­sprache vereinbaren, so habe diese Änderung Vorrang vor kollidierenden Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen. Es käme nicht darauf an, ob die Parteien eine Änderung der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen beabsichtigt haben oder sich der Kollision mit den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen bewusst geworden seien.

Allerdings müsse derjenige, der sich auf eine mündliche Absprache berufe, diese beweisen. Er müsse die Vermutung widerlegen, dass keine von den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen abweichenden Absprachen getroffen worden seien.

So muss im Fall der Mieter beweisen, dass er sich nachträglich mit dem Vermieter auf eine Miete von 2.000 DM monatlich geeinigt hat.

Vorinstanzen:

LG Rostock, OLG Rostock

Quelle: ra-online

der Leitsatz

BGB §§ 566 a.F., 305 b, 307 Bb, Ca; AGBG §§ 4, 9 Bb, Ca

Nachträgliche mündliche Indivi­du­a­l­ver­ein­ba­rungen haben auch vor Schrift­form­klauseln in Formu­la­r­ver­trägen über langfristige Geschäfts­raum­miet­ver­hältnisse Vorrang.

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