18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 11545

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Urteil30.03.2011BundesgerichtshofXII ZR 3/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2011, 791Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2011, Seite: 791
  • FuR 2011, 392Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2011, Seite: 392
  • MDR 2011, 603Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2011, Seite: 603
  • NJW 2011, 1582Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 1582
  • NJW-Spezial 2011, 292Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2011, Seite: 292
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil30.03.2011

Arbeitspflicht nach der Scheidung: Allein­er­zie­hender Ehepartner muss nach Scheidung grundsätzlich selbst für seinen Unterhalt sorgenEx-Ehepartner muss bei Kindern ab drei Jahren nur noch dann Betreu­ungs­un­terhalt zahlen, wenn keine Kinderbetreuung verfügbar ist

Für die Zeit ab Vollendung des dritten Lebensjahres steht dem betreuenden Elternteil nach einer gesetzlichen Neuregelung im Jahr 2008 nur noch dann ein fortdauernder Anspruch auf Betreu­ungs­un­terhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Unter Berück­sich­tigung des konkreten Betreu­ungs­bedarfs prüft das zuständige Gericht, ob und in welchem Umfang die Erwer­b­s­ob­lie­genheit des unterhalts­berechtigten Elternteils auch während der Zeit der möglichen Betreuung des Kindes in einer kindgerechten Einrichtung eingeschränkt ist. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der Bundes­ge­richtshof stellte klar, dass die persönliche Betreuung keinen gesetzlichen Vorrang mehr vor anderen kindgerechten Betreu­ungs­mög­lich­keiten hat. In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Die Erwer­b­s­tä­tigkeit des betreuenden Elternteils darf aber andererseits auch nicht neben dem nach der Erziehung und Betreuung in einer Tages­ein­richtung verbleibenden Anteil der persönlichen Betreuung zu einer überob­li­ga­to­rischen Belastung des betreuenden Elternteils führen.

Bei ganztägiger Betreu­ungs­mög­lichkeit in Kinderhort muss Allein­er­zie­hender in Vollzeit arbeiten

In dem zu entscheidenden Fall konnte das Kind in dem Kinderhort der Grundschule, die es besuchte, werktags bis mindestens 17 Uhr betreut werden. Diese Betreu­ungs­mög­lichkeit müsse bei der Entscheidung über den von der allein­er­zie­henden Kindesmutter beantragten Betreuungsunterhalt berücksichtigt werden, so die Richter. Aufgrund der vorhandenen Betreu­ungs­mög­lichkeit stehe ein persönlicher Betreu­ungs­bedarf des gemeinsamen Kindes einer vollschichtigen Erwer­b­s­tä­tigkeit der Mutter nicht entgegen.

Job und Betreuung dürfen nicht überob­li­ga­ti­o­nsmäßig belasten

Eine Verlängerung des Betreu­ungs­un­terhalts aus Vertrau­ens­ge­sichts­punkten komme nur dann in Betracht, wenn der betreuende Elternteil das Kind neben der Betreuung in der Schule oder in weiteren kindgerechten Einrichtungen tatsächlich persönlich betreuen müsse. Dann sei allerdings auch zu prüfen, ob der betreuende Elternteil durch seine Erwer­b­s­tä­tigkeit und den verbleibenden Teil der persönlichen Betreuung überob­li­ga­ti­o­nsmäßig belastet werde.

Betreuender Elternteil muss eingeschränkte Erwer­bs­mög­lichkeit beweisen

Zwar verlange auch die gesetzliche Neuregelung zum Betreu­ungs­un­terhalt bei Vollendung des dritten Lebensjahres keinen abrupten Wechsel auf eine vollzeitige Erwer­b­s­tä­tigkeit. In welchem Umfang die Erwer­b­s­tä­tigkeit des betreuenden Elternteils auch für die Folgezeit noch eingeschränkt sei, könne sich aber nur aus individuellen Umständen ergeben, für die der Unter­halts­be­rechtigte darlegungs- und beweisbelastet sei.

Unter­halts­rechtlich leichtfertiges Verhalten: Wer Vollzeitjob ohne Grund aufgibt, muss auf Grundlage des alten Einkommens zahlen

Der Bundes­ge­richtshof wies auf einen weiteren Gesichtspunkt hin, um die Gefahr auszuräumen, dass sich der zur Unter­halts­zahlung verpflichtete Elternteil seiner finanziellen Verpflichtungen entzieht: Wer seine vollschichtige Erwer­b­s­tä­tigkeit nach der Trennung vom Partner freiwillig aufgibt, ist grundsätzlich so zu behandeln, als ob er das zuvor erzielte Einkommen weiter erhält. Gegen die fortdauernde Zurechnung dieses Einkommens kann sich der Elternteil nur mit dem Einwand zur Wehr setzen, dass er die frühere Arbeitsstelle auch aus anderen Gründen verloren hätte oder das zuvor erzielte Einkommen auch sonst nicht mehr erzielen würde. Dies ergibt sich aus dem Prinzip des unter­halts­rechtlich leichtfertigen Verhaltens, das auch darin bestehen kann, dass sich der Unter­halts­pflichtige nicht hinreichend um eine neue vollschichtige Erwer­b­s­tä­tigkeit bemüht.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (vt/we)

der Leitsatz

a) Im Rahmen der Billig­keits­ent­scheidung über eine Verlängerung des Betreu­ungs­un­terhalts aus kindbezogenen Gründen nach § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreu­ungs­ein­rich­tungen gesichert werden könnte. Ein Alter­spha­sen­modell, das bei der Frage der Verlängerung des Betreu­ungs­un­terhalts aus kindbezogenen Gründen allein oder wesentlich auf das Alter des Kindes, etwa während der Kindergarten- und Grundschulzeit, abstellt, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15. September 2010 - XII ZR 20/09 - FamRZ 2010, 1880).

b) Zur Verwirkung des nachehelichen Betreu­ungs­un­terhalts nach § 1579 BGB.

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