18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 3256

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Urteil15.03.2006BundesgerichtshofXII ZR 30/04
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Mühlheim an der Ruhr, Urteil24.06.2003, 28 F 112/02
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil14.01.2004, II-8 UF 174/03
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.03.2006

BGH erhöht den Selbstbehalt beim Trennungs­un­terhaltSelbstbehalt für Unter­halts­pflichtige ohne Kinder steigt um über 100,- EUR

Der Bundes­ge­richtshof hat seine Rechtsprechung zum Geschie­de­nen­un­terhalt geändert. Der Selbstbehalt gegenüber dem geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten darf nicht mit dem gegenüber minderjährigen Kindern geltenden notwendigen Selbstbehalt bemessen werden. Das Urteil gilt für Trennungs­un­terhalt und nachehelichen Unterhalt.

Im Fall stritten seit über 40 Jahren verheiratete Eheleute um die Höhe des Trennungs­un­terhalts. Der beklagte Ehemann war Rentner und bezog eine Rente in Höhe von 1.335,- EUR. Die Ehefrau erzielte ein Einkommen in Höhe von 250,- EUR monatlich. Das Oberlan­des­gericht verurteilte den Mann zur Zahlung von monatlich 571,- EUR Trennungsunterhalt. Es bezog sich dabei auf die Düsseldorfer Tabelle, wonach dem Ehemann ein Selbstbehalt von 730,- EUR monatlich zu belassen sei.

Der Bundes­ge­richtshof kritisierte die Höhe des Selbstbehalts. Die von den Oberlan­des­ge­richten festgelegten pauschalierten Selbst­be­haltsätze als Grenzen der Leistungs­fä­higkeit für den Verwand­ten­un­terhalt (§ 1603 BGB) oder den Ehegat­ten­un­terhalt (§ 1581 BGB) stimmten teilweise weder zur Höhe noch in der Abstufung gegenüber anderen Unter­halts­ansprüchen überein.

Der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungs­un­terhalt oder nachehelichen Ehegat­ten­un­terhalt (Ehegat­ten­selbst­behalt) könne nicht generell mit dem Betrag bemessen werden, der als notwendiger Selbstbehalt gegenüber Unter­halts­ansprüchen minderjähriger oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleich­ge­stellter Kinder im Rahmen des Verwand­ten­un­terhalts gelte. Er sei vielmehr in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liege (Fortführung von BGH, Urt. v. 1.12.2004 - XII ZR 3/03). Dies folgerte der Bundes­ge­richtshof aus einer gesetzlichen Wertung des § 1603 Abs. 2 BGB.

Danach käme dem Unter­halts­pflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern, die wegen ihres Alters von vornherein nicht die Möglichkeit hätten, durch eigene Anstrengungen ihren Lebensunterhalt zu decken, eine gesteigerte Unter­halts­pflicht zu. Dies gelte aber nicht in gleichem Maße für geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten.

Einer zusätzlichen Grenze der Leistungs­fä­higkeit nach den individuellen ehelichen Lebens­ver­hält­nissen bedarf es nach diesem Urteil des Bundes­ge­richtshofs zur Ermittlung des Unter­halts­bedarfs eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten nicht mehr.

Hinweis:

Der Bundes­ge­richtshof hat die Höhe des Selbstbehalts nicht konkret festgelegt. Er hat aber ausgeführt, dass er zwischen dem angemessenen Selbstbehalt und dem notwendigen Selbstbehalt zu liegen habe. Nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand 1.7.2005) liegt der Selbstbehalt danach zwischen 890,- EUR und 1.100,- EUR. Der Mittelwert würde demnach 995,- EUR betragen.

Quelle: ra-online

der Leitsatz

BGB § 1581

a) Der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungs­un­terhalt oder nachehelichen Ehegat­ten­un­terhalt (Ehegat­ten­selbst­behalt) kann nicht generell mit dem Betrag bemessen werden, der als notwendiger Selbstbehalt gegenüber Unter­halts­ansprüchen minderjähriger oder ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleich­ge­stellter Kinder im Rahmen des Verwand­ten­un­terhalts gilt. Er ist vielmehr in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liegt (Fortführung des Senatsurteils vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - FamRZ 2005, 354 ff.).

b) Einer zusätzlichen Grenze der Leistungs­fä­higkeit nach den individuellen ehelichen Lebens­ver­hält­nissen bedarf es nach der neueren Rechtsprechung des Senats zur Ermittlung des Unter­halts­bedarfs eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten nicht mehr (Abgrenzung zu den Senatsurteilen BGHZ 109, 72, 83 f. und vom 9. Juni 2004 - XII ZR 308/01 - FamRZ 2004, 1357, 1358 f.; Fortführung des Senatsurteils BGHZ 153, 358, 364 f.).

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