18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 5709

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Urteil05.03.2008BundesgerichtshofXII ZR 22/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRZ 2008, 963Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2008, Seite: 963
  • FuR 2008, 283Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2008, Seite: 283
  • MDR 2008, 747Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2008, Seite: 747
  • NJW 2008, 1946Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2008, Seite: 1946
  • NJW-Spezial 2008, 260 (Martin Haußleiter und Barbara Schramm)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2008, Seite: 260, Entscheidungsbesprechung von Martin Haußleiter und Barbara Schramm
  • WuM 2008, 502Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2008, Seite: 502
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Langenfeld, Urteil14.04.2005, 27 F 7/05
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil15.12.2005, II-7 UF 107/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil05.03.2008

Keine einseitige Vermö­gens­bildung des Unterhalts­pflichtigen zu Lasten des Unterhalts­berechtigten

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Bemessung eines Wohnvorteils des unterhalts­pflichtigen Ehegatten und der Erwer­b­s­ob­lie­genheit eines getrennt lebenden Ehegatten zu befassen.

Die Parteien sind verheiratet; aus ihrer Ehe sind ein volljähriger Sohn und ein bei Trennung 17 Jahre alter Sohn hervorgegangen. Sie waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Reihenendhauses mit einem Mietwert von 860 € und einer monatlichen Belastung für Zins und Tilgung von 580 €. Im Dezember 2004 veräußerte die Klägerin ihren Mitei­gen­tums­anteil zum Preis von 75.000 € an den Beklagten. Ende Dezember 2004 trennten sich die Parteien.

Der Beklagte erzielt unter­halts­re­levante Nettoeinkünfte in Höhe von rund 3.250 € monatlich, dem das Oberlan­des­gericht einen Vorteil mietfreien Wohnens von zunächst rund 425 € und nach einer Umschuldung von rund 260 € hinzugerechnet hat. Die 50 Jahre alte Klägerin erzielt nach einer 15-jährigen "Familienpause" seit Anfang 2000 aus einer Teilzeit­tä­tigkeit (28 Stunden/wöchentlich) unter­halts­re­levante Einkünfte in Höhe von monatlich rund 950 €. Dem hat das Oberlan­des­gericht ein fiktives Erwer­b­s­ein­kommen von 260 € hinzugerechnet, das die Klägerin aus einer zumutbaren Nebentätigkeit erzielen könne. Weiter hat es Zinsgewinne der Klägerin aus dem Verkaufserlös des Miteigentums in Höhe von rund 180 € monatlich berücksichtigt.

Das Oberlan­des­gericht hat den Beklagten unter Berück­sich­tigung seiner Barun­ter­halts­pflicht für die beiden Kinder verurteilt, an die Klägerin über den freiwillig an sie gezahlten Unterhalt in Höhe von monatlich 257,80 € hinaus weitere 367 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die – vom Oberlan­des­gericht zugelassene – Revision des Beklagten. Er ist der Auffassung, dass ihm nur ein geringerer Wohnvorteil für die Nutzung des eigenen Hauses zurechenbar ist. Zudem sei das Erwer­b­s­ein­kommen der Klägerin zu gering bemessen, weil sie neben ihrer Teilzeit­tä­tigkeit höhere Nebeneinkünfte erzielen könne.

Der Bundes­ge­richtshof hat das angefochtene Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlan­des­gericht zurückverwiesen.

Die Bemessung des Mietvorteils auf Seiten des Unter­halts­pflichtigen hielt der revisi­ons­recht­lichen Prüfung nicht stand. Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind zwar grundsätzlich die infolge des Eigen­tum­s­erwerbs entstandenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditraten des Unter­halts­schuldners kann aber dann nicht mehr einkom­mens­mindernd berücksichtigt werden, wenn der unter­halts­be­rechtigte Ehegatte nicht mehr von einer mit der Tilgung einhergehenden Vermö­gens­bildung profitiert und anderenfalls eine einseitige Vermö­gens­bildung zu Lasten des Unter­halts­be­rech­tigten vorläge. Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein Teil der Tilgung aber als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt werden und zwar beim Ehegat­ten­un­terhalt bis zur Höhe von 4 % des Brutto­ein­kommens, hier also in Höhe von rund 200 € monatlich.

Der Bundes­ge­richtshof hat weiter entschieden, dass von der 50 Jahre alten Klägerin trotz ihrer 15-jährigen Erwerbspause grundsätzlich eine vollschichtige Erwer­b­s­tä­tigkeit verlangt werden kann. Daraus kann sie - entgegen der Auffassung des Berufungs­ge­richts - jedenfalls ein deutlich höheres Einkommen erzielen als aus ihrer Teilzeit­tä­tigkeit. Das vom Oberlan­des­gericht berücksichtigte Einkommen aus einer Nebentätigkeit fängt diese Differenz nicht auf, weil das Berufungs­gericht bei der Einkom­mens­be­messung von einem sehr geringen Stundenlohn (6 €) statt von dem gegenwärtig erzielten Einkommen ausgegangen ist.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)

der Leitsatz

BGB § 1361 Abs. 1

a) Nach der Trennung der Parteien ist der Vorteil mietfreien Wohnens zunächst regelmäßig nur noch in dem Umfang zu berücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste. Ist eine Wieder­her­stellung der ehelichen Lebens­ge­mein­schaft allerdings nicht mehr zu erwarten, etwa wenn ein Schei­dungs­antrag rechtshängig ist oder die Ehegatten die vermö­gens­recht­lichen Folgen ihrer Ehe abschließend geregelt haben, sind solche Ausnahmen von der grundsätzlichen Berück­sich­tigung des vollen Mietwerts nicht mehr gerechtfertigt (Abgrenzung zu dem Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879).

b) Von dem Vorteil mietfreien Wohnens sind grundsätzlich die mit dem Eigentumserwerb verbundenen Kosten abzusetzen, weil der Eigentümer nur in Höhe der Differenz günstiger lebt als ein Mieter. Der Tilgungsanteil der Kreditra-ten kann aber dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn der andere Ehegatte nicht mehr von der mit der Tilgung einhergehenden Vermö­gens­bildung profitiert und daher eine einseitige Vermö­gens­bildung zu Lasten des Unter­halts­be­rech­tigten stattfindet, wie es im Fall des gesetzlichen Güterstandes ab Zustellung des Schei­dungs­antrags der Fall ist (Fortführung der Senatsurteile vom 28. März 2007 - XII ZR 21/05 - FamRZ 2007, 879 und vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159).

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