Dokument-Nr. 25733
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- MDR 2017, 33Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2017, Seite: 33
- NJW-Spezial 2017, 36Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 36
- Amtsgericht Königs Wusterhausen, Beschluss26.05.2014, 10 F 48/13
- Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss19.05.2015, 3 UF 72/14
Bundesgerichtshof Beschluss09.11.2016
BGH: Erwerbsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen trotz Rente wegen voller ErwerbsminderungErwerbstätigkeit von weniger als drei Stunden pro Tag möglich
Bezieht ein Unterhaltspflichtiger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, so begründet dies allein nicht seine Erwerbsunfähigkeit. Vielmehr besteht eine Erwerbstätigkeit für einen Zeitraum von weniger als drei Stunden pro Tag. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall verlangte ein sechsjähriges Kind im Jahr 2013 von seiner Mutter Kindesunterhalt. Das Kind lebte bei seinem Vater. Die Eltern waren seit dem Jahr 2011 geschieden. Die Mutter war aufgrund einer psychischen Erkrankung zu 70 % schwerbehindert und bezog eine monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Mutter lehnte die Zahlung von Kindesunterhalt ab. Sie könne aufgrund ihrer Erkrankung nicht arbeiten. Dies belege bereits der Bezug der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das Kind ließ dies nicht gelten und zog vor Gericht.
Amtsgericht und Oberlandesgericht bejahten Anspruch auf Kindesunterhalt
Sowohl das Amtsgericht Königs Wusterhausen als auch das Oberlandesgericht Brandenburg sahen die Mutter als zumindest eingeschränkt erwerbsfähig an und rechneten daher Einkünfte aus einer schuldhaft unterlassenen Erwerbstätigkeit fiktiv an. Die Mutter sei nicht aus gesundheitlichen Gründen in vollem Umfang erwerbsunfähig. Sie könne durchaus für werktäglich zwei bis drei Stunden arbeiten. Gegen diese Entscheidung legte die Mutter Rechtsbeschwerde ein.
Bundesgerichtshof bejaht ebenfalls eingeschränkte Erwerbsfähigkeit
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Rechtsbeschwerde der Mutter zurück. Wer sich gegenüber seiner Erwerbsobliegenheit auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen wolle, müsse grundsätzlich Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angeben. Er müsse ferner darlegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Dem sei die Mutter nicht nachgekommen. Es sei daher davon auszugehen, dass sie zumindest für weniger als drei Stunden täglich arbeiten könne.
Rente wegen voller Erwerbsminderung spricht nicht für vollständige Erwerbsunfähigkeit
Der Erhalt einer Rente wegen voller Erwerbsminderung spreche nicht für eine vollständige Erwerbsunfähigkeit, so der Bundesgerichtshof. Vielmehr ergebe sich daraus nur, dass er nicht drei Stunden oder mehr täglich arbeiten könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.04.2018
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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