21.11.2024
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Dokument-Nr. 2133

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Bundesgerichtshof Urteil28.03.2006

Kein Rücker­stat­tungs­an­spruch gegen die BRD nach Rückzahlung eines Altdarlehens

Der Bundes­ge­richtshof hatte über eine Klage auf Rückerstattung von Zahlungen an die Bundesrepublik Deutschland auf vor 1941 gewährte Darlehen zu entscheiden.

Das Deutsche Reich und zwei Kreditinstitute gewährten dem Vater und dem Großvater des Klägers in der Zeit zwischen 1926 und 1941 Darlehen, die durch Grund­pfand­rechte auf ihrem landwirt­schaft­lichen Anwesen in Brandenburg gesichert wurden. Die Kreditinstitute wurden im Mai 1949 durch den für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet. 1955 wurde auch das landwirt­schaftliche Anwesen enteignet, nachdem der Vater des Klägers die DDR verlassen hatte. Nach der Wieder­ver­ei­nigung übertrug das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen das Eigentum an dem Grundstück auf den Kläger als Erbe seines Vaters. 1999 zahlte der Kläger sämtliche Darlehen auf Verlangen der beklagten Bundesrepublik Deutschland an diese zurück. Nachdem der XI. Zivilsenat mit Urteil vom 12. Juni 2001 hinsichtlich ähnlicher Darlehen entschieden hat, dass der Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­an­spruch der Bundesrepublik Deutschland verjährt sei, begehrt der Kläger nunmehr die Rückerstattung der von ihm gezahlten Beträge, weil die Beklagte mit ihrem Zahlungs­ver­langen gegen Treu und Glauben verstoßen habe und die Darle­hens­for­de­rungen im Zeitpunkt der Zahlung bereits verjährt gewesen seien. Der Kläger hat außerdem die Gläubi­ger­stellung der Beklagten hinsichtlich der Bankdarlehen in Zweifel gezogen. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos.

Der Bundes­ge­richtshof hat die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision zurückgewiesen. Er hat offen gelassen, ob die streit­ge­gen­ständ­lichen Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­ansprüche durch die vom Magistrat von Groß-Berlin verfügte Enteignung 1949 erfasst wurden, obwohl sie nicht im Machtbereich des Magistrats belegen waren. Die Forderungen stehen der Beklagten jetzt jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 1 des Gesetzes zur Regelung bestimmter Altforderungen vom 10. Juni 2005 (AFRG) zu. Dieses Gesetz bezweckt eine eindeutige Zuordnung von Altforderungen, die – wie im vorliegenden Fall – in der Rechts­wirk­lichkeit der DDR als enteignet galten, die aber nach heutiger Rechts­auf­fassung nicht wirksam enteignet worden waren. Jedenfalls dann, wenn diese Forderungen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau bereits realisiert worden sind, soll es hierbei verbleiben.

Die Zahlung des Klägers ist auch nicht aus anderen Gründen rechtsgrundlos erfolgt. Weder sind die schuld­recht­lichen Ansprüche auf Darle­hens­rü­ck­zahlung infolge der Enteignung des Grundstücks erloschen noch sind sie infolge Zeitablaufs verwirkt. Die Geltendmachung dieser Ansprüche ist darüber hinaus nicht treuwidrig gewesen. Insbesondere führte die Grund­s­tück­s­en­t­eignung nicht zum Wegfall der Geschäfts­grundlage der Darle­hens­verträge. Der Fortbestand des landwirt­schaft­lichen Betriebes ist auch nicht dadurch zur Geschäfts­grundlage der Darlehen geworden, dass letztere Gegenstand von Entschul­dungs­ver­fahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirt­schaft­lichen Schuld­ver­hältnisse vom 1. Juni 1993 (RGBl. I S. 331) waren.

Schließlich ergibt sich ein Berei­che­rungs­an­spruch nicht daraus, dass der Kläger auf eine verjährte Forderung gezahlt hat. Nach §§ 813 Abs. 2 Satz 2, 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. ist die Rückforderung des zur Befriedigung von verjährten Ansprüchen Geleisteten im Interesse des Rechtsfriedens ausgeschlossen und zwar unabhängig davon, ob der Leistende Kenntnis von der Verjährung hatte oder der Eintritt der Verjährung zweifelhaft war. Die Beklagte verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie sich gegenüber dem Kläger auf den Ausschluss des Berei­che­rungs­an­spruchs beruft, obwohl sie nach der Entscheidung des Senats vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90 ff.) von anderen Schuldnern nicht mehr die Rückzahlung vergleichbarer Darlehen verlangt. Die genannte Entscheidung stellt vielmehr in Verbindung mit § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. einen sachlichen Grund für die Ungleich­be­handlung der verschiedenen Schuldner dar.

Erläuterungen

Vorinstanzen:

LG Berlin, Urteil vom 30. Juli 2003 – 23 O 77/03

KG Berlin, Urteil vom 15. Oktober 2004 – 25 U 132/03

Quelle: Pressemitteilung Nr. 54/06 des BGH vom 28.03.2006

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