18.10.2024
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Dokument-Nr. 4521

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Urteil19.06.2007BundesgerichtshofX ZR 61/06
Vorinstanzen:
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil25.10.2005, 19 O 24/05
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil18.05.2006, 16 U 153/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.06.2007

BGH: Reise­ver­an­stalter haftet auch für extra gebuchte Zusatzausflüge

Ein Reise­ver­an­stalter haftet auch für einen am Urlaubsort vermittelten Zusatzausflug, wenn er ihn in Werbezetteln als Eigenleistung anpreist. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Die drei Kläger buchten bei dem beklagten Reise­ver­an­stalter eine Pauschalreise in den ägyptischen Badeort Hurghada. Die im Reiseprospekt enthaltene Werbung für Ausflugs­mög­lich­keiten enthielt Klauseln, wonach die Ausflüge für den Reise­ver­an­stalter Fremdleistungen seien und er diese lediglich vermittele. In der am Reiseort ausgehändigten Begrüßungsmappe des Reise­ver­an­stalters befand sich ein Werbezettel für eine Ausflugsfahrt nach Kairo, der oben das Firmenzeichen des Reise­ver­an­stalters enthielt, darunter eine Beschreibung des Ausflugs, sodann den in größerer Schrift und in Großbuchstaben gedruckten Hinweis "NUR BEI IHREM E.-REISELEITER BUCHBAR" und am Ende in erheblich kleinerer Schrift als der beschreibende Text den weiteren Hinweis: "Ihre E.-Reiseleitung ist Ihnen gerne bei der Buchung behilflich, ist jedoch lediglich Vermittler dieser Ausflugs­pro­gramme. Die Verantwortung für Organisation und Durchführung trägt die örtliche Agentur C." Die Kläger buchten und bezahlten den auf dem Werbezettel angebotenen Ausflug beim örtlichen Reiseleiter des Reise­ver­an­stalters. Auf der Rückfahrt von Kairo fuhr der Reisebus mit überhöhter Geschwindigkeit und ungenügender Beleuchtung auf einen stehenden Lastkraftwagen auf, wobei ein Sicher­heits­beamter und der Busfahrer getötet und die Reisenden, darunter die Kläger, verletzt wurden. Die Kläger machen Schmerzensgeld und Ansprüche wegen entgangener Urlaubsfreude sowie Rückzahlung des Reisepreises für den Ausflug geltend.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision des beklagten Reise­ver­an­stalters zurückgewiesen.

Wenn bei einem Pauscha­l­rei­se­vertrag zu den Hauptleistungen – Beförderung und Unterkunft – wahlweise und gesondert zu buchende Leistungen hinzutreten, insbesondere solche, die erst am Urlaubsort gebucht und von einem Dritten ausgeführt werden, wie z.B. Tageausflüge, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs für die Haftung des Reise­ver­an­stalters darauf an, ob sie zu den von ihm vertraglich geschuldeten Leistungen gehören oder ob sie von ihm nur als Fremdleistung vermittelt werden. Nur wenn es sich um eine Eigenleistung des Reise­ver­an­stalters handelt, haftet er vertraglich für die Mängel der Sonderleistung (§ 651 f BGB), wobei er dann für ein Verschulden des Ausführenden als seines Leistungs­trägers einstehen muss. Ob eine Eigenleistung oder eine Fremdleistung vorliegt, hängt entscheidend davon ab, wie der Reise­ver­an­stalter aus der Sicht des Reisenden auftritt. Dies hat im Einzelfall der Tatrichter zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall hat der Bundes­ge­richtshof die tatrichterliche Feststellung des Berufungs­ge­richts für rechts­feh­lerfrei erklärt, wonach der durch den Werbezettel des Reise­ver­an­stalters und die Buchung bei seinem Reiseleiter hervorgerufene Eindruck einer Eigenleistung für die Reisenden so beherrschend war, dass dahinter die Vermittler- und Fremd­leis­tungs­er­klä­rungen des Reise­ver­an­stalters zurücktraten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 96/07 des BGH vom 11.07.2007

der Leitsatz

BGB §§ 651a, 651f

Der Pauscha­l­rei­se­ver­an­stalter haftet auch für am Urlaubsort gebuchte Zusatz­leis­tungen, wenn er durch sein tatsächliches Auftreten dem Reisenden gegenüber den Eindruck einer Eigenleistung erweckt hat. Ob vor Ort verwendete Vermittler- bzw. Fremd­leis­tungs­klauseln diesen Eindruck verhindern oder hinter dem anderweitigen Verhalten des Reise­ver­an­stalters zurücktreten, unterliegt der tatrich­ter­lichen Würdigung.

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