Bundesgerichtshof Urteil27.09.2022
Anspruch des Fluggastes auf Erstattung der Ticketkosten nach Fluggastrechteverordnung setzt keine vertragliche Bindung zur Fluggesellschaft vorausErstattungsanspruch ergibt sich nicht aus Beförderungsvertrag
Der Anspruch des Fluggastes auf Erstattung der Ticketkosten gemäß Art. 5 Abs. 1 a), 8 Abs. 1 a) der Fluggastrechteverordnung (VO) setzt nicht voraus, dass er mit der Fluggesellschaft in vertraglicher Beziehung steht. Denn der Anspruch ergibt sich nicht aus dem Beförderungsvertrag, sondern aus der Verordnung. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eltern einer dreijährigen Tochter verfügten für sich und ihr Kind über einen gebuchten Flug nach Rom und wieder zurück. Beide Flüge sollten im April 2020 durchgeführt werden. Nachdem sowohl der Hin- als auch der Rückflug von der Fluggesellschaft annulliert wurde, beanspruchte unter anderem das Kind die Erstattung der Ticketkosten in Höhe von über 400 €.
Amtsgericht wies Klage ab, Landgericht gab ihr statt
Das Amtsgericht Berlin-Wedding wies die Klage ab und verwies zur Begründung darauf, dass das Kind nicht Vertragspartner der Fluggesellschaft sei. Das Landgericht Berlin gab der Klage dagegen statt. Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof über den Fall zu entscheiden.
Bundesgerichtshof bejaht Anspruch des Kindes auf Erstattung der Ticketkosten
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der für den Fall der Annullierung des Fluges in Art. 5 Abs. 1 a), 8 Abs. 1 a) VO vorgesehene Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten stehe dem Fluggast auch dann zu, wenn er nicht Vertragspartner des Luftbeförderungsvertrags ist. Dafür spreche schon der Wortlaut der Vorschrift.
Erstattungsanspruch ergibt sich nicht aus Beförderungsvertrag
Zudem sei zu beachten, so der Bundesgerichtshof, dass die aus einer Flugannullierung herrührenden Ansprüche nach Art. 5 Abs. 1 VO zwar eine bestätigte Buchung und damit in der Regel einen Beförderungsvertrag voraussetzen. Die Ansprüche ergeben sich aber nicht aus dem Beförderungsvertrag, sondern unmittelbar aus der Verordnung. Schuldner der Ansprüche sei das jeweils ausführende Luftfahrtunternehmen. Dies sei nicht zwingend das Unternehmen, das den Beförderungsvertrag mit dem Fluggast geschlossen hat. Damit sei es nur konsequent, dass die Berechtigung zur Anspruchsstellung nicht von der Stellung als Vertragspartner des Beförderungsvertrags abhängt. Es sei ohnehin der Fluggast, der die Leistungen im Falle einer Annullierung oder Verspätung benötigt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.07.2025
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)