23.11.2024
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Dokument-Nr. 1958

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Urteil22.06.2004BundesgerichtshofX ZR 171/03
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 159, 350Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 159, Seite: 350
  • NJW 2004, 3178Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2004, Seite: 3178
  • RRa 2004, 227Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2004, Seite: 227
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil22.06.2004

BGH zur Anwendung der reise­recht­lichen Ausschlußfrist auf den Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, ob die Krankenkasse eines verletzten Pauscha­l­rei­senden ihren Rückgriffs­an­spruch gegen den Reise­ver­an­stalter durch Versäumung der Ausschlußfrist für die Geltendmachung reise­ver­trag­licher Gewähr­leis­tungs­ansprüche verloren hat.

Die Eltern des bei der Klägerin versicherten Kleinkindes hatten bei dem beklagten Reise­ver­an­stalter eine Pauschalreise nach Fuerteventura gebucht. Auf dem Gelände des dortigen Hotels fiel das Kind in eine Pfütze, die ein ätzendes Reini­gungs­mittel enthalten haben soll. Nach dem Vortrag der Klägerin erlitt das Kind Hautverätzungen dritten Grades an beiden Beinen. Es mußte auf Fuerteventura ambulant und nach der Rückkehr nach Deutschland stationär behandelt werden, wodurch Heilbe­hand­lungs­kosten in Höhe von rund 10.000 DM entstanden, welche die Klägerin getragen hat. Mit ihrer Klage hat sie diese Kosten aufgrund übergegangenen Rechts des versicherten Kindes von der Beklagten erstattet verlangt. Diese hat unter anderem eingewandt, daß die Klägerin etwaige reise­ver­tragliche Schaden­s­er­satz­ansprüche durch Versäumung der Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB verloren habe, wonach der Reisende reise­ver­tragliche Gewähr­leis­tungs­ansprüche innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reise­ver­an­stalter geltend zu machen hat. Die Klägerin hatte drei Wochen nach Reiseende durch einen vom Vater des Kindes ausgefüllten Fragebogen nebst Anlage von dem Unfall erfahren und ihre Ansprüche weitere 15 Tage später bei der Beklagten angemeldet.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt, die beide die Klage wegen Versäumung der Ausschlußfrist abgewiesen hatten.

Er hat zunächst klargestellt, daß dann, wenn der reise­ver­tragliche Gewähr­leis­tungs­an­spruch auf den Ersatz unfallbedingter Heilbe­hand­lungs­kosten gerichtet ist und daher gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X schon im Zeitpunkt des Unfalls auf den Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger übergeht, grundsätzlich der Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger diesen Anspruch rechtzeitig anmelden muß, um die Ausschlußfrist zu wahren. Denn nur die Anmeldung durch den Anspruchs­inhaber, nicht aber die Anmeldung eines Dritten verschafft dem Reise­ver­an­stalter die nötige Gewißheit, daß der Gewähr­leis­tungs­an­spruch wirklich auf ihn zukommt. Nur dann hat er hinreichenden Anlaß, sich um die schnelle Aufklärung des Sachverhalts und um die Beweissicherung zu bemühen. Der Bundes­ge­richtshof hat ferner entschieden, daß auch für den Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger die Ausschlußfrist mit der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise zu laufen beginnt, nicht erst ab Kenntnis der Schädigung und des Ersatz­pflichtigen.

Der Bundes­ge­richtshof hat dabei berücksichtigt, daß es für den Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger, der häufig erst durch die Heilbe­hand­lungs­rech­nungen von dem Unfall erfährt, schwieriger als für den Reisenden ist, die einmonatige Ausschlußfrist zu wahren. Dem wird jedoch durch § 651 g Abs. 1 Satz 3 BGB Rechnung getragen, wonach der Reisende - oder ein anderer Anspruchs­inhaber wie hier der Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger - noch nach Fristablauf Ansprüche geltend machen kann, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist. Der Bundes­ge­richtshof hat klargestellt, daß den Berechtigten kein Verschulden trifft, solange er von der Schädigung und der Person des Ersatz­pflichtigen keine Kenntnis hat. Nach Wegfall des Hindernisses - hier nach Kennt­ni­ser­langung - muß er die Geltendmachung seines Anspruchs allerdings unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nachholen.

Dabei ist dem Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger nach Kennt­ni­ser­langung noch eine Frist zur reiflichen Überlegung zuzubilligen. Dafür waren die von der Klägerin in Anspruch genommenen 15 Tage indessen zu lang, zumal sie keine Begründung dafür gegeben hat, weshalb sie diese Zeitspanne benötigte.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

BGB § 651 g Abs. 1 Satz 1; SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1

a) Der Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger, auf den ein Schaden­s­er­satz­an­spruch des Reisenden nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X übergegangen ist, muß seinen Anspruch in der Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB anmelden.

b) Die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB beginnt auch für den Sozia­l­ver­si­che­rungs­träger mit der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise zu laufen, nicht erst mit seiner Kenntnis von Schädigung und Ersatz­pflichtigem.

BGB § 651 g Abs. 1 Satz 2 in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (jetzt: § 651 g Abs. 1 Satz 3)

a) Der Anspruchs­be­rechtigte ist im Sinne des § 651 g Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Ausschlußfrist gehindert, solange er von der Schädigung und der Person des Ersatz­pflichtigen unverschuldet keine Kenntnis hat.

b) Nach Wegfall des Hindernisses muß der Anspruchs­be­rechtigte die Geltendmachung seines Anspruchs unverzüglich nachholen.

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