15.11.2024
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Dokument-Nr. 4869

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Urteil18.09.2007BundesgerichtshofX ZR 167/05
Vorinstanzen:
  • Landgericht Braunschweig, Urteil04.02.2004, 9 O 1060/03
  • Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil10.11.2005, 2 U 19/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.09.2007

Mittei­lungs­pflicht eines Professors bei Veröf­fent­lichung von Diens­t­er­fin­dungen ist verfas­sungsgemäß

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision eines Hochschul­lehrers gegen ein Urteil des Oberlan­des­ge­richts Braunschweig zurückgewiesen. Der Kläger ist als Direktor einer orthopädischen Abteilung des Univer­si­täts­kli­nikums beamteter Professor an einer nieder­säch­sischen Hochschule. Bei seiner wissen­schaft­lichen Tätigkeit erfand er ein neues "selbst­sta­bi­li­sie­rendes Kniegelenk". Nach der bis Anfang 2002 geltenden Rechtslage waren solche Erfindungen eines Hochschul­lehrers "freie" Erfindungen, d.h. der Hochschullehrer konnte frei über sie verfügen und sie selbst zum Patent anmelden.

Nach der im Februar 2002 in Kraft getretenen Regelung im Gesetz über Arbeit­neh­me­rer­fin­dungen kann der Hochschullehrer zwar frei entscheiden, ob er eine Erfindung der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Entscheidet er sich dafür, muss er die Erfindung jedoch der Universität melden und hat die Universität das Recht, die Erfindung in Anspruch zu nehmen und selbst zum Patent anzumelden. Für die Nutzung der Erfindung erhält der Hochschullehrer dann eine Vergütung. Da ein Patent nur erteilt werden kann, wenn die Erfindung zum Zeitpunkt der Patentanmeldung noch nicht veröffentlicht war, müsste eine Patentanmeldung der Universität jedoch immer dann erfolglos bleiben, wenn der Erfinder sie zum Zeitpunkt der Patentanmeldung bereits in einer Fachzeitschrift, im Internet, auf einem Fachkongress oder sonstwie bekanntgemacht hat. Daher bestimmt das Gesetz, dass der Hochschullehrer seine Erfindung erst dann veröffentlichen darf, wenn er dies der Universität rechtzeitig, in der Regel zwei Monate zuvor, angezeigt hat. Diese Anzeigepflicht bzw. die damit verbundene "Wartefrist" vor einer Veröf­fent­lichung hält der Kläger für einen verfas­sungs­widrigen Eingriff in die durch Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes geschützte Wissen­schafts­freiheit.

Mit seiner Feststel­lungsklage ist der Kläger in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben, nachdem das Bundes­ver­fas­sungs­gericht eine auf Klärung der Verfas­sungs­mä­ßigkeit der einschlägigen Bestimmung gerichtete Richtervorlage des Landgerichts aus formellen Gründen als unzulässig behandelt hatte. Die Revision gegen das Urteil des Oberlan­des­ge­richts blieb nun ebenfalls ohne Erfolg.

Der Bundes­ge­richtshof bestätigt die Verfas­sungs­mä­ßigkeit der gesetzlichen Regelung. Zwar berührt es die grundgesetzlich geschützte Wissen­schafts­freiheit, wenn ein Hochschullehrer vor der Publikation einer von ihm gemachten Erfindung eine gewisse Zeit zuwarten muss. Die verfas­sungs­rechtliche Garantie der Institution der Hochschule und ihrer Funkti­o­ns­fä­higkeit erlaubt jedoch die darin liegende Beein­träch­tigung der grundrechtlich geschützten Rechte des Hochschul­lehrers, wenn diese Beein­träch­tigung jeweils so gering wie möglich gehalten und auf dasjenige beschränkt wird, was notwendig ist, um der Universität die Möglichkeit zu erhalten, ein Patent zu erlangen. Hat der Hochschullehrer ein Interesse, die Erfindung so schnell wie möglich zu publizieren, etwa weil sich auf einem bestimmten Gebiet der Technik verschiedene Forschungs­gruppen ein "Wettrennen" liefern, steht der Universität nicht die gesetzliche "Regelfrist" von zwei Monaten zur Verfügung. Die Frist kann dann vielmehr wesentlich kürzer sein und sich im Einzelfall auf Tage oder gar Stunden verkürzen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 130/07 des BGH vom 19.09.2007

der Leitsatz

ArbNErfG § 42 Nr. 1; GG Art. 5 Abs. 3, Art. 73 Abs. 1 Nr. 9

a) Die Regelung in § 42 Nr. 1 ArbNErfG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeit­neh­me­rer­fin­dungen vom 18. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 414) hält sich im Rahmen der ausschließ­lichen Gesetz­ge­bungs­kom­petenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG.

b) Die Regelung der "positiven Publi­ka­ti­o­ns­freiheit" des Hochschul­lehrers in § 42 Nr. 1 ArbNErfG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeit­neh­me­rer­fin­dungen vom 18. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 414) verstößt nicht gegen Art. 5 Abs. 3 GG.

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