21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 24835

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Urteil10.06.2015BundesgerichtshofVIII ZR 99/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2015, 996Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 996
  • NJW 2015, 2324Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 2324
  • NZM 2015, 532Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2015, Seite: 532
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Koblenz, Urteil06.11.2013, 161 C 1145/13
  • Landgericht Koblenz, Urteil26.02.2014, 6 S 282/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil10.06.2015

BGH: Räumungs­ver­gleich schließt nachträgliche Geltendmachung von Schadens­ersatz­ansprüchen wegen unberechtigter Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht zwingend ausAusschluss von Schadens­ersatz­ansprüchen durch Vergleich muss durch Auslegung ermittelt werden

Ist einem Mieter wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs gekündigt worden, kann ihm gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Schadens­ersatz­anspruch zu stehen. Ein Räumungs­ver­gleich schließt die nachträgliche Geltendmachung des Schadens­ersatz­anspruchs nur aus, wenn die Auslegung des Vergleichs ergibt, dass die Parteien mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten werden sollten. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde dem Mieter einer Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt, da der Vermieter angab, die Wohnung für seinen Hausmeister zu benötigen. Da der Mieter den Eigenbedarf für nicht gegeben hielt, kam es zu einem Rechtsstreit. In diesem schlossen die Parteien im Juni 2011 einen Räumungsvergleich, in dem sich der Mieter verpflichtete, innerhalb von sechs Monaten auszuziehen und die Kosten des Rechtsstreits sowie die Kosten des Vergleichs zu tragen. Nach dem der Mieter aus der Wohnung ausgezogen war, zog nicht der angekündigte neue Hausmeister in die Wohnung, sondern eine Familie. Der Mieter klagte daraufhin gegen seinen ehemaligen Vermieter auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von fast 26.000 EUR. Er verlangte unter anderem die Erstattung der Umzugskosten, der Mehrkosten aufgrund der höheren Miete für seine neue Wohnung und der Prozesskosten des Räumungs­ver­gleichs.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Schaden­s­er­satzklage ab

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Koblenz wiesen die Schaden­s­er­satzklage ab. Etwaige Ansprüche wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs seien aufgrund des Räumungs­ver­gleichs ausgeschlossen. Durch diesen haben die Parteien einen endgültigen Schlussstrich unter das Mietverhältnis ziehen wollen. Gegen diese Entscheidung legte der Mieter Revision ein.

Bundes­ge­richtshof hielt Schaden­s­er­satz­an­spruch für denkbar

Der Bundes­ge­richthof entschied zu Gunsten des Mieters und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Zwar sei das Landgericht noch zutreffend davon ausgegangen, dass der Vermieter im Falle der Vortäuschung von Eigenbedarf dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet sei. Jedoch habe es unzutreffend angenommen, dass der Räumungs­ver­gleich zum Ausschluss des Schaden­s­er­satz­an­spruches führe.

Kein Ausschluss des Schaden­s­er­satz­an­spruches durch Räumungs­ver­gleich

Ob ein Räumungs­ver­gleich einen späteren Schaden­s­er­satz­an­spruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs ausschließe, so der Bundes­ge­richthof, sei im Wege der Auslegung und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Es sei zu ermitteln, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber haben beilegen wollen, ob die Eigen­be­da­rfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht gewesen sei. Ein Schaden­s­er­satz­spruch bestehe nicht, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs habe abgegolten werden sollen.

Kein Vorliegen eines ausdrücklichen oder still­schwei­genden Verzichts auf Schaden­s­er­satz­ansprüche

Der Mieter habe nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs durch den Räumungs­ver­gleich weder ausdrücklich noch stillschweigend auf Schaden­er­satz­ansprüche verzichtet. Zwar könne ein still­schwei­gender Verzicht angenommen werden, wenn sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet habe. So könne im Einzelfall in der Zahlung einer namhaften Abstandszahlung oder einem Verzicht auf Schön­heits­re­pa­raturen der Wille der Parteien entnommen werden, dass damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein solle. So lag der Fall hier aber nicht. Zwar sei dem Mieter eine sechsmonatige Räumungsfrist zugebilligt worden. Zudem habe er nur bis zu seinem Auszug die Miete zahlen müssen. Darin liege aber kein nennenswertes Entgegenkommen des Vermieters.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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