18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 12923

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Urteil25.01.2012BundesgerichtshofVIII ZR 95/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GuT 2012, 75Zeitschrift: Gewerbemiete und Teileigentum (GuT), Jahrgang: 2012, Seite: 75
  • K&R 2012, 283Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2012, Seite: 283
  • MMR 2012, 302Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 302
  • NJW 2012, 1065Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 1065
  • WuM 2012, 190Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2012, Seite: 190
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Dorsten, Urteil11.08.2011, 21 C 596/09
  • Landgericht Essen, Urteil03.02.2011, 10 S 313/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.01.2012

Angabe eines Postfachs als Wider­rufs­adresse bei Fernab­satz­ver­trägen ausreichendVerbraucher kann Wider­rufs­er­klärung auch bei Angabe einer Postfachadresse auf den Postweg bringen

Für eine ordnungsgemäße Wider­rufs­be­lehrung bei einem Fernab­satz­ge­schäft ist die Angabe einer Postfachadresse des Wider­rufs­adressaten ausreichend. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls schloss mit der Rechts­vor­gängerin der Beklagten, einem Energie­ver­sor­gungs­un­ter­nehmen, im Jahre 2008 im Wege des Fernabsatzes einen Sondervertrag über den leitungs­ge­bundenen Bezug von Erdgas. Der Vertrag sah für die Dauer der bis zum 31. August 2010 vereinbarten Laufzeit einen Festpreis vor und räumte dem Kläger ein Widerrufsrecht ein. Die Wider­rufs­be­lehrung enthielt als Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, die Postfachadresse der Rechts­vor­gängerin der Beklagten.

Kunde klagt auf Anerkennung des wirksam beendeten Vertrags­ver­hält­nisses durch Widerruf

Am 1. Oktober 2009 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertrags­er­klärung. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht. Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Vertrags­ver­hältnis durch den Widerruf wirksam beendet worden sei. Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.

Angabe eines Postfachs als Wider­rufs­adresse im Fernabsatz genügt gesetzlichen Anforderungen

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die Angabe eines Postfachs als Wider­rufs­adresse im Fernabsatz den zum Zeitpunkt des Vertrags­schlusses geltenden gesetzlichen Anforderungen genügte (§ 312 d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1**, § 312 c Abs. 2*, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF***).

"Ladungsfähige" Anschrift ist durch Unternehmer bei Fernab­satz­vertrag ohnehin anzugeben

Bei Fernab­satz­ge­schäften ist gemäß § 312 c Abs. 2, § 312 d Abs. 2 Satz 1, Art. 245 EGBGB****, § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV aF***** der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen und die Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, mitzuteilen. Die Angabe einer Postfachadresse als Wider­rufs­adresse genügt, wie der Bundes­ge­richtshof vor Inkrafttreten der BGB-InfoV (BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 306/99) bereits entschieden hat, den gesetzlichen Anforderungen. Daran ist auch nach dem Inkrafttreten der BGB-InfoV festzuhalten. Der Verbraucher wird durch die Angabe einer Postfachadresse in gleicher Weise wie durch die Angabe einer Hausanschrift in die Lage versetzt, seine Wider­rufs­er­klärung auf den Postweg zu bringen. Seine "ladungsfähige" Anschrift musste der Unternehmer bei einem Fernabsatzvertrag ohnehin angeben (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV aF*), was im zu entscheidenden Fall auch unstreitig geschehen war.

*§ 312 c Unterrichtung des Verbrauchers bei Fernab­satz­ver­trägen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung)

Erläuterungen
[…]

(2) Der Unternehmer hat dem Verbraucher ferner die Vertrags­be­stim­mungen einschließlich der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sowie die in der Rechts­ver­ordnung nach Artikel 240 des Einfüh­rungs­ge­setzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise in Textform mitzuteilen […]

**§ 312 d BGB: Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernab­satz­ver­trägen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung)

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernab­satz­vertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.

(2) Die Widerrufsfrist beginnt abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 nicht vor Erfüllung der Infor­ma­ti­o­ns­pflichten gemäß § 312 c Abs. 2 …

***§ 355 BGB: Widerrufsrecht bei Verbrau­cher­ver­trägen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung)

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willen­s­er­klärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommu­ni­ka­ti­o­ns­mittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. …

****Art. 245 EGBGB

Das Bundes­mi­nis­terium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechts­ver­ordnung, die der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf,

1.Inhalt und Gestaltung der dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, § 356 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und den diese ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs mitzuteilenden Belehrung über das Widerrufs- und Rückgaberecht festzulegen …

*****§ 1 Infor­ma­ti­o­ns­pflichten bei Fernab­satz­ver­trägen (in der bis zum 10. Juni 2011 geltenden Fassung, vgl. nun Art. 246 § 1 EG-BGB)

(1) Der Unternehmer muss dem Verbraucher gemäß § 312 c Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs folgende Informationen zur Verfügung stellen: …

[…]

3. die ladungsfähige Anschrift des Unternehmers …

[…]

10. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe, einschließlich Informationen über den Betrag, den der Verbraucher im Fall des Widerrufs oder der Rückgabe gemäß § 357 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat,

[…]

(4) Der Unternehmer hat dem Verbraucher gemäß § 312 c Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs folgende Informationen in Textform mitzuteilen:

1. die in Absatz 1 genannten Informationen

[…]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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