22.11.2024
22.11.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 13972

Drucken
Urteil15.08.2012BundesgerichtshofVIII ZR 378/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2012, 807Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 807
  • NJW 2012, 3298Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 3298
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Landgericht Konstanz, Urteil22.02.2011, 4 O 248/10
  • Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil08.12.2011, 9 U 52/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.08.2012

BGH zur Wirksamkeit einer Wider­rufs­be­lehrung nach dem Muster der BGB-InfoVAuf dem Muster der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung beruhende Wider­rufs­be­lehrung gilt als ordnungsgemäß

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Wirksamkeit einer Wider­rufs­be­lehrung nach dem Muster der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung zu entscheiden.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, eine Leasing­ge­sell­schaft, und die Beklagte schlossen im November 2006 für die Dauer von 54 Monaten einen Leasingvertrag über einen Pkw Audi A6 Avant. Nachdem ab Juni 2009 die vereinbarten Leasingraten von monatlich 640 Euro ausgeblieben waren, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 3. September 2009 den Leasingvertrag fristlos und verwertete das Fahrzeug in der Folgezeit für 10.555 Euro. Die Beklagte widerrief am 22. Februar 2010 ihre Vertrags­er­klärung.

Der Leasingvertrag enthält auf einer gesonderten Seite eine von der Beklagten unterzeichnete Widerrufsbelehrung, die dem Text der Musterbelehrung der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung in der bei Vertragsschluss gültigen Fassung entspricht und auszugsweise wie folgt lautet:

"(…) Sie können Ihre Vertrags­er­klärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E-Mail) durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. (…)"

Klage auf Zahlung rückständige Leasingraten in den Vorinstanzen erfolgreich

Die Klägerin hatte mit ihrer Klage auf Zahlung von insgesamt 19.341,37 Euro nebst Zinsen für rückständige Leasingraten, einen Restwert­aus­gleich sowie Sicher­stel­lungs­kosten in den Vorinstanzen Erfolg.

Widerrufsfrist wurde durch Wider­rufs­be­lehrung spätestens mit Vollzug des Leasing­ver­trages in Lauf gesetzt

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass die Wider­rufs­be­lehrung die Widerrufsfrist spätestens mit dem Vollzug des Leasing­ver­trages im Jahr 2006 in Lauf gesetzt hat und der Widerruf der Beklagten daher verspätet war.

Verwendete Wider­rufs­be­lehrung entspricht Muster der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung und gilt somit als ordnungsgemäß

Die Wider­rufs­be­lehrung genügt zwar den Anforderungen des in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB aF* geregelten Deutlich­keits­gebots nicht, weil die Verwendung des Wortes "frühestens" es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Beginn der Widerrufsfrist ohne weiteres zu erkennen. Die Klägerin kann sich für die Wirksamkeit der von ihr verwendeten Wider­rufs­be­lehrung jedoch darauf berufen, dass diese dem Muster der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung entspricht und somit gemäß § 14 Abs. 1 der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung aF** als ordnungsgemäß gilt (Gesetz­lich­keits­fiktion). Die in § 14 der BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung geregelte Gesetz­lich­keits­fiktion wird von der Ermäch­ti­gungs­grundlage des Art. 245 Nr. 1 EGBGB aF*** gedeckt und ist wirksam. Denn mit dieser Ermächtigung verfolgte der Gesetzgeber vorrangig den Zweck, die Geschäftspraxis der Unternehmer zu vereinfachen und Rechts­si­cherheit zu schaffen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn sich der Unternehmer auf die Gesetz­lich­keits­fiktion der von ihm verwendeten Musterbelehrung nicht berufen könnte.

*§ 355 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung):

Widerrufsrecht bei Verbrau­cher­ver­trägen

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willen­s­er­klärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.

(2) Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommu­ni­ka­ti­o­ns­mittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist, die auch Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und einen Hinweis auf den Fristbeginn und die Regelung des Absatzes 1 Satz 2 enthält. …

(3) Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Bei der Lieferung von Waren beginnt die Frist nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist,…

**§ 14 BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung):

Form der Widerrufs- und Rückga­be­be­lehrung, Verwendung eines Musters

(1) Die Belehrung über das Widerrufsrecht genügt den Anforderungen des § 355 Abs. 2 und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 in Textform verwandt wird.

[…]

***Art. 245 Einfüh­rungs­gesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung):

Belehrung über Widerrufs- und Rückgaberecht

Das Bundes­mi­nis­terium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechts­ver­ordnung, die der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf,

1.Inhalt und Gestaltung der dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1, § 356 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und den diese ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs mitzuteilenden Belehrung über das Widerrufs- und Rückgaberecht festzulegen

[…]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil13972

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI