21.11.2024
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Sie sehen eine stilisierte Weltkarte mit der Illustration eines Laptops, auf dem ein Paragraphenzeichen prangt.

Dokument-Nr. 10478

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Urteil03.11.2010BundesgerichtshofVIII ZR 337/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2011, 33Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2011, Seite: 33
  • ITRB 2011, 52Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2011, Seite: 52
  • MMR 2011, 24Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 24
  • NJW 2011, 56Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2011, Seite: 56
  • ZIP 2010, 2301Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2010, Seite: 2301
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Wedding, Urteil09.04.2009, 17 C 683/08
  • Landgericht Berlin, Urteil18.11.2009, 50 S 56/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil03.11.2010

Rückgaberecht im Versandhandel: Käufer darf Versandware ausprobieren und vollen Kaufpreis zurückverlangen - selbst bei WertverlustBGH zur Werter­satz­pflicht eines Verbrauchers bei Widerruf eines Fernab­satz­vertrags

Ein Verbraucher, der fristgerecht den Widerruf eines Fernab­satz­ver­trages erklärt, hat dann – trotz eines möglicherweise eingetretenen Wertverlusts der Sache – Anspruch Erstattung des vollen Kaufpreises, wenn er die Ware lediglich geprüft hat. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Im zugrunde liegenden Fall schlossen die Parteien im August 2008 per E-Mail einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1.265 Euro. Das Angebot des Beklagten, der die Wasserbetten über das Internet zum Verkauf anbietet, war dem Kläger per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung. Im weiteren Text der E-Mail heißt es:

"Im Hinblick auf die o. g. Wider­rufs­be­lehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlech­terung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist."

Verkäufer erstattet wegen weiterer Unver­käuf­lichkeit des Wasserbettes nur Teilbetrag des Kaufpreises

Das Wasserbett wurde gegen Barzahlung beim Käufer angeliefert. Der Käufer baute das Wasserbett auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Verkäufer erstattete lediglich einen Betrag von 258 Euro und machte geltend, dass das Bett nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 Euro sei wieder verwertbar.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Amtsgericht Berlin-Wedding hat der auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises von 1.007 Euro gerichteten Klage stattgegeben. Das Landgericht Berlin hat die Berufung des Verkäufers zurückgewiesen.

BGH: Käufer kann vollen Kaufpreis zurückverlangen

Die dagegen gerichtete Revision des Verkäufers hatte keinen Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann, da er die Ware nur geprüft hat.

Aufbau des Betts und Befüllung der Matratze stellen Prüfung der Sache dar

Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertrags­parteien zurück­zu­ge­währen sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Dabei muss der Verbraucher nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB* auch Wertersatz für eine durch die bestim­mungs­gemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlech­terung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Die Werter­satz­pflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [aF*; jetzt Satz 3] dann nicht, wenn die Verschlech­terung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Letzteres war vorliegend der Fall. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar.

Verbraucher muss grundsätzlich Gelegenheit haben, gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren

Der Verbraucher soll nach Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernab­satz­richtlinie)** und der sie umsetzenden deutschen Regelung grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertrags­ab­schluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. Dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt.

*§ 357 BGB aF: Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe

[…]

(3) Der Verbraucher hat abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Wertersatz für eine durch die bestim­mungs­gemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlech­terung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlech­terung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. […]

**Art. 6 der Richtlinie 97/7 (Fernabsatz-Richtlinie): Widerrufsrecht

(1) Der Verbraucher kann jeden Vertrags­ab­schluß im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren.

[…]

(2) Übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäß diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. […]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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