21.11.2024
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Dokument-Nr. 4973

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Bundesgerichtshof Urteil10.10.2007

BGH definiert Unfall­wa­ge­nei­gen­schaft als Sachmangel eines GebrauchtwagensGebrauchtwagen ist üblicher Weise unfallfrei

Der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs darf als "übliche Beschaffenheit" grundsätzlich erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als nur "Bagatellschäden" gekommen ist. Dies hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) entschieden.

Im vorliegenden Fall hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob ein gebrauchtes Kraftfahrzeug, das bei einem früheren Unfall einen - zwischen­zeitlich reparierten - Schaden erlitten hat, der über einen "Bagatellschaden" hinausgeht, deswegen mangelhaft ist, weil es von der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen abweicht (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

Der Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin kaufte von der Beklagten mit Vertrag vom 31. März/8. April 2005 einen gebrauchten Ford Cougar (Erstzulassung: 24. August 1999, Laufleistung: 54.795 Kilometer). Das Bestellformular enthält folgende Rubriken, die keine Eintragungen der Parteien enthalten:

O Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer: __________________________

O Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt O ja O nein

Am 9. Mai 2005 erklärte die Klägerin die Anfechtung ihrer auf Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willen­s­er­klärung. Sie begründete dies damit, dass das Fahrzeug an der linken Tür und am linken hinteren Seitenteil einen Karos­se­rie­schaden erlitten habe, der ihr von der Beklagten auf zweimalige Nachfrage nicht offenbart worden sei. Die Beklagte bot Nachbesserung einer etwa nicht fachgerechten Reparatur des Schadens an. Dies lehnte die Klägerin ab. Am 18. Mai 2005 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Käufer will Wagen zurückgeben

Mit ihrer Klage hat die Klägerin im Wesentlichen Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Sprungrevision der Klägerin hat der Bundes­ge­richtshof das angefochtene Urteil aufgehoben und die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs verurteilt. Im Übrigen hat er die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

Käufer und Verkäufer haben keine Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung getroffen

Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs ist der der Klägerin verkaufte Gebrauchtwagen zwar nicht deshalb mangelhaft, weil das Fahrzeug nicht einer vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspräche (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Denn eine Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung haben die Kaufver­trags­parteien nicht getroffen. Da die Unfallschäden betreffenden Rubriken des Formulars keine Eintragungen der Parteien enthalten, fehlt es an einer positiven Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung der Parteien, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. Die Frage nach "Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden laut Vorbesitzer" ist nicht mit "keine" oder "nicht bekannt" und die Frage "dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt" ist nicht mit "nein" beantwortet; deshalb kommt eine negative Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung der Parteien, dass das Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, weil es dem Verkäufer unbekannte Unfallschäden hat, gleichfalls nicht in Betracht.

Als übliche Beschaffenheit gebrauchter Wagen kann Unfallfreiheit angenommen werden (von Bagatellschäden abgesehen)

Da es somit im Hinblick auf die Unfallfreiheit an einer Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung der Parteien fehlt und der reparierte Karos­se­rie­schaden auch nicht die Eignung des Fahrzeugs für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung beeinträchtigt (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB), ist für die Frage, ob der bei dem früheren Unfall eingetretene Schaden einen Sachmangel begründet, auf die übliche Beschaffenheit gleichartiger Sachen und darauf abzustellen, welche Beschaffenheit der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs grundsätzlich erwarten darf, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist. Der im Streitfall vorliegende Karos­se­rie­schaden an der linken Tür und dem linken hinteren Seitenteil des Fahrzeugs – ein mehr als 5 mm tiefer Blechschaden, dessen fachgerechte Beseitigung 1.774,67 € kostet – ist nicht als "Bagatellschaden" anzusehen.

Das Landgericht wird nunmehr noch zu prüfen haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Ansprüche u. a. auf Schadensersatz und Aufwen­dungs­ersatz begründet sind.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 143/07 des BGH vom 10.10.2007

der Leitsatz

BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2

a) Auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs kann der Käufer, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist.

b) Zur Abgrenzung zwischen einem "Bagatellschaden" und einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB.

c) Ein Fahrzeug, das einen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist, ist auch dann nicht frei von Sachmängeln im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, wenn es nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist.

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