Dokument-Nr. 33337
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- WuM 2023, 473Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2023, Seite: 473
- Amtsgericht Hamburg-Barmbek, Urteil19.10.2020, 811a C 29/20
- Landgericht Hamburg, Urteil10.09.2021, 311 S 67/20
Bundesgerichtshof Urteil21.06.2023
BGH: Kosten einer Notunterkunft zwecks Vermeidung der Obdachlosigkeit der Mieter von Schadensersatzpflicht des Vermieters umfasstNotunterbringung wegen fehlender Nutzungsmöglichkeit der angemieteten Wohnung
Kann der Vermieter den Gebrauch der Wohnung nicht mehr gewähren und müssen die Mieter einer Wohnung in eine Notunterkunft untergebracht werden, um eine sonst drohende Obdachlosigkeit zu vermeiden, sind diese Kosten von der Schadensersatzpflicht des Vermieters umfasst. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2017 vermietete die Mieterin einer Wohnung in Hamburg diese an eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie, ohne die Zustimmung des Vermieters einzuholen. Aus diesem Grund und wegen Zahlungsrückständen kündigte der Vermieter das Mietverhältnis im Februar 2018. Daraufhin kündigte die Mieterin das Mietverhältnis mit den Untermietern. Da diese in der Folgezeit keine Wohnung zur Miete finden konnten, wurde die Familie im Zeitraum von Oktober 2018 bis August 2020 in einer Notunterkunft untergebracht. Die dadurch entstandenen Kosten in Höhe von fast 54.000 € wurden vom Jobcenter übernommen. Das Jobcenter klagte nunmehr gegen die Mieterin auf Kostenerstattung.
Amtsgericht gab Klage statt, Landgericht wies sie ab
Während das Amtsgericht Hamburg-Barmbek der Klage überwiegend stattgab, wies sie das Landgericht Hamburg zurück. Seiner Auffassung nach sei den Untermietern kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Die Kosten der Notunterbringung seien nicht vergleichbar mit den Kosten einer vergleichbaren Mietwohnung. Bei einer Notunterbringung, deren Kosten durch einen Kostenfestsetzungsbescheid festgesetzt werden, handele es sich nicht um eine mit einer Untermiete vergleichbare Unterbringung. Gegen diese Entscheidung legte das Jobcenter Revision ein.
Bundesgerichtshof bejaht Anspruch auf Erstattung der Kosten für Notunterbringung
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Jobcenters. Die Mieterin hafte gemäß §§ 536 a Abs. 1, 536 Abs. 3 BGB auf Erstattung der Kosten für die Notunterbringung der Untermieter. Die Mieterin sei aufgrund der Kündigung des Vermieters nicht mehr in der Lage gewesen, den Untermietern den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung zu gewähren. Sie habe damit eine Vertragspflicht verletzt.
Kosten der Notunterkunft als ersatzfähiger Schaden
Die Kosten der Notunterkunft stellen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs einen ersatzfähigen Schaden dar. Es sei dabei unerheblich, dass die Untermieter keine neue Wohnung angemietet haben. In der Belastung mit den Kosten der Unterbringung in eine Notunterkunft zur Vermeidung der Obdachlosigkeit wirke sich die durch die Mieterin begangene schuldhafte Vertragspflichtverletzung fort. Es sei zu beachten, dass die Untermieter nicht aus freien Stücken heraus, die Notunterkunft bezogen haben. Sie seien vielmehr darauf angewiesen gewesen.
Begrenzung der Schadensersatzhöhe
Der Bundesgerichtshof wies aber darauf hin, dass nicht sämtliche Kosten der Notunterbringung über einen Zeitraum von fast zwei Jahren ersetzt verlangt werden können. Der Schadensersatz beschränke sich vielmehr auf die erforderlichen Kosten, was sowohl zu einer zeitlichen Begrenzung als auch zu einer Begrenzung der Höhe der Haftung der Mieterin führe. Der Erstattungsanspruch beschränke sich auf den Zeitraum bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der ersten möglichen Kündigung durch die Mieterin.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.10.2023
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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