Bundesgerichtshof Beschluss15.04.2025
Zustandekommen von Strom- und Gaslieferungsverträgen bei Vermietung der einzelnen Zimmer einer Wohnung durch separate Mietverträge
Der unter anderem für das Energielieferungsrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass sich - bei Fehlen eines schriftlichen Energieversorgungsvertrags - das Leistungsangebot eines Strom- und Gasversorgungsunternehmens an den Vermieter (Eigentümer) - und nicht, wie sonst regelmäßig der Fall, an den Mieter - einer Wohnung richtet, wenn die einzelnen Zimmer der Wohnung durch separate Mietverträge vermietet sind, die Wohnung aber lediglich über einen Zähler für Strom und Gas verfügt.
Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, nimmt die beklagte Vermieterin auf Zahlung von Entgelt für die Belieferung mit Strom und Gas im Rahmen der Grundversorgung in Anspruch. Die Zimmer der Wohnung waren einzeln mit gesonderten Mietverträgen über unterschiedliche Laufzeiten vermietet, wobei sämtlichen Mietern das Recht zur Nutzung der Gemeinschaftsräume wie Küche und Bad eingeräumt wurde. Nur die Wohnung, nicht hingegen die einzelnen Zimmer, verfügte über einen Zähler für Strom und Gas und wurde von der Klägerin mit Strom und Gas beliefert. Ein schriftlicher Energieversorgungsvertrag bestand nicht. Die Parteien streiten darüber, ob ein durch die Entnahme von Strom und Gas konkludent zustande gekommener Versorgungsvertrag mit der Vermieterin (Eigentümerin) oder mit den Mietern besteht.
Die auf Zahlung der Versorgungsentgelte für einen Zeitraum von fünf Jahren gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass unter den hier gegebenen Umständen ein Versorgungsvertrag mit der beklagten Vermieterin (Eigentümerin) der Wohnung besteht. Entgegen der Ansicht der Revision war das in der Bereitstellung von Strom und Gas liegende (konkludente) Angebot der Klägerin weder an die Mieter der einzelnen Zimmer noch an die Gesamtheit der Mieter gerichtet. Zwar haben allein die Mieter Einfluss auf den Strom- und Gasverbrauch in der Wohnung. Jedoch lässt sich dieser Verbrauch - mangels separater Zähler - nicht den einzelnen vermieteten Zimmern zuordnen. Auch haben die einzelnen Mieter bei objektiver Betrachtung typischerweise kein Interesse daran, auch für die Verbräuche der anderen Mieter einzustehen. Der Umstand, dass sich das konkludente Angebot des Energieversorgungsunternehmens daher an die Vermieterin richtete, ist Folge des von ihr gewählten besonderen Vermietungskonzepts.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV)
§ 2 Vertragsschluss
(1) Der Grundversorgungsvertrag soll in Textform abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat der Grundversorger den Vertragsschluss dem Kunden unverzüglich in Textform zu bestätigen.
(2) Kommt der Grundversorgungsvertrag dadurch zustande, dass Gas aus dem Gasversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung entnommen wird, über das der Grundversorger die Grundversorgung durchführt, so ist der Kunde verpflichtet, dem Grundversorger die Entnahme von Gas unverzüglich in Textform mitzuteilen. [...]
Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV)
§ 2 Vertragsschluss
(1) Der Grundversorgungsvertrag soll in Textform abgeschlossen werden. Ist er auf andere Weise zustande gekommen, so hat der Grundversorger den Vertragsschluss dem Kunden unverzüglich in Textform zu bestätigen.
(2) Kommt der Grundversorgungsvertrag dadurch zustande, dass Elektrizität aus dem Elektrizitätsversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung entnommen wird, über das der Grundversorger die Grundversorgung durchführt, so ist der Kunde verpflichtet, dem Grundversorger die Entnahme von Elektrizität unverzüglich in Textform mitzuteilen. [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.04.2025
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)