23.11.2024
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Dokument-Nr. 740

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Bundesgerichtshof Urteil20.07.2005

Der Käufer eines mangelhaften Kfz kann beim Rücktritt vom Kaufvertrag Aufwen­dungs­ersatz für Zubehör verlangen

Bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages muss nicht nur der Anschaf­fungspreis zurückgezahlt werden, sondern auch die Kosten für Sonder­ausstat­tungen und Überführung eines Neuwagen. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Die Klägerin, die ein Bauunternehmen betreibt, kaufte im Juni 2002 von der beklagten Kraft­fahr­zeug­her­stellerin einen PKW zur gewerblichen Nutzung. Nach der Übernahme ließ sie die Stoßfänger des Fahrzeugs lackieren, Leicht­me­ta­ll­felgen und Breitreifen montieren sowie Schmutzfänger, einen Tempomat, ein Autotelefon und ein Naviga­ti­o­ns­system einbauen. Ferner schaffte sie Fußmatten für das Fahrzeug an. Für diese Zusatz­ausstattung wendete sie insgesamt 5.080,28 € auf. Für die Überführung und die Zulassung des Fahrzeugs entstanden ihr weitere Kosten in Höhe von 487,20 €. Nachdem die Klägerin zahlreiche Mängel des Fahrzeugs gerügt hatte, deren Beseitigung nicht vollständig gelang, einigten sich die Parteien Anfang Juli 2003 auf die Rückabwicklung des Kaufs. Diese kam jedoch wegen Meinungs­ver­schie­den­heiten darüber, ob und in welcher Höhe die Klägerin Ersatz ihrer Aufwendungen für Zusatz­ausstattung, Überführung und Zulassung des Fahrzeugs verlangen kann, nicht zustande.

Die von der Klägerin daraufhin erhobene Klage hatte in der Berufungs­instanz im wesentlichen Erfolg. Das Oberlan­des­gericht hat die Aufwendungen der Klägerin als erstat­tungsfähig angesehen, bei den Kosten der Zusatz­ausstattung allerdings einen Abzug von 20 % vorgenommen, weil die Klägerin das Fahrzeug bis zur Rückab­wick­lungs­ver­ein­barung rund ein Jahr lang genutzt hatte. Die Überführungs- und Zulas­sungs­kosten hat es der Klägerin ohne Abzug zugesprochen. Ferner hat es die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Verzugszinsen verurteilt und festgestellt, daß sie sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde.

In der Revisi­ons­instanz war insbesondere umstritten, ob die Klägerin aus Rechtsgründen gehindert ist, nach § 284 BGB - einer seit 1. Januar 2002 geltenden, durch das Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­gesetz in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügten Vorschrift - Ersatz ihrer vergeblichen Aufwendungen für Zusatz­ausstattung, Überführung und Zulassung des Fahrzeugs zu verlangen, ob auch bei letzteren ein Abzug für die zeitweilige Nutzung des Fahrzeugs vorzunehmen ist und ob die Aufwendungen der Klägerin für die Anschaffung wieder­ver­wendbaren Zubehörs (Autotelefon, Naviga­ti­o­ns­system) im Sinne des § 284 BGB vergeblich waren.

Der Bundes­ge­richtshof hat bezüglich des Aufwen­dungs­er­satzes die Entscheidung der Vorinstanz im wesentlichen bestätigt, allerdings auch bei den Überführungs- und Zulas­sungs­kosten einen Abzug für die einjährige Nutzung des Fahrzeugs vorgenommen. Er ist der Auffassung der Revision der Beklagten nicht gefolgt, § 284 BGB finde auf vergebliche Aufwendungen, mit denen - wie im Falle der Zusatz­ausstattung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeugs - kommerzielle Zwecke verfolgt werden, keine Anwendung. Er hat ferner entschieden, daß der Anspruch auf Aufwen­dungs­ersatz nach § 284 BGB nicht dadurch ausgeschlossen wird (§ 347 Abs. 2 BGB), daß der Käufer wegen der Mangel­haf­tigkeit der Kaufsache vom Kaufvertrag zurücktritt. Schließlich hat er auch die Vergeblichkeit der Aufwendungen der Klägerin bejaht; Aufwendungen des Käufers auf eine gekaufte Sache, die sich später als mangelhaft erweist, sind demnach in der Regel vergeblich, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangel­haf­tigkeit zurückgibt oder sie jedenfalls nicht bestim­mungsgemäß nutzen kann und deshalb auch die Aufwendungen nutzlos sind.

Die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts über Verzugszinsen und Annahmeverzug hat der Senat dagegen mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Vorinstanzen

LG Stuttgart - 8 O 540/03

OLG Stuttgart - 3 U 78/04

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 108/05 des BGH vom 20.07.2005

der Leitsatz

BGB §§ 280, 281, 284, 325, 347, 437, 440

a) Der Käufer einer mangelhaften Sache hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt. Der Anspruch ist nicht gemäß § 347 Abs. 2 BGB auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt, durch die der Verkäufer bereichert wird.

b) § 284 BGB erfaßt auch Aufwendungen für kommerzielle Zwecke.

c) Aufwendungen des Käufers auf eine gekaufte Sache, die sich später als mangelhaft erweist, sind in der Regel vergeblich, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangel­haf­tigkeit zurückgibt oder sie jedenfalls nicht bestim­mungsgemäß nutzen kann und deshalb auch die Aufwendungen nutzlos sind.

d) Kosten, die dem Käufer eines Kraftfahrzeugs für dessen Überführung und Zulassung entstehen, sind Aufwendungen im Sinne des § 284 BGB. Wird der Kauf wegen Mangel­haf­tigkeit des Fahrzeugs rückabgewickelt, nachdem der Käufer das Fahrzeug zeitweise genutzt hat, so mindert sich der Anspruch auf Ersatz auch dieser Aufwendungen entsprechend der Nutzungsdauer oder der Laufleistung des Fahrzeugs.

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