15.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 1326

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Urteil18.06.2003BundesgerichtshofVIII ZR 240/02, VIII ZR 324/02, VIII ZR 339/02, VIII ZR 355/02
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Bundesgerichtshof Urteil18.06.2003

Kündi­gungs­fristen des neuen Mietrechts gelten nicht für Altverträge

Der Bundes­ge­richtshof hatte in vier Fällen darüber zu befinden, inwieweit die gesetzliche Neuregelung der kurzen Dreimonatsfrist für die Kündigung einer Wohnung durch den Mieter für vor dem 1. September 2001 abgeschlossene Mietverträge gilt. Bei vielen Mietverträgen, die vor dem 1. September 2001 abgeschlossen wurden, gelten für Mieter weiterhin die alten Kündi­gungs­fristen. Betroffen sind insbesondere so genannte Formu­la­r­miet­verträge, in denen die früheren gesetzlichen Kündi­gungs­fristen "wörtlich oder sinngemäß wiedergegeben" sind.

Der Senat hat entschieden, daß in solchen Verträgen enthaltene Formu­la­r­klauseln, in denen die damaligen - nach Mietdauer gestaffelten - gesetzlichen Kündi­gungs­fristen wörtlich oder sinngemäß wiedergegeben wurden, fortgelten und nicht nach § 573 c Abs. 4 BGB unwirksam sind.

Den zugelassenen Revisionen lagen vor dem 1. September 1996 bzw. vor dem 1. September 1991 abgeschlossene Mietverträge zugrunde, die in einer Formularklausel die für eine ordentliche Kündigung damals geltenden Fristen des § 565 Abs. 2 BGB wörtlich oder sinngemäß wiederholten. Danach betrug die Kündigungsfrist für den Mieter und den Vermieter bei einer Mietdauer von bis zu fünf Jahren drei Monate, danach sechs Monate, ab dem achten Jahr neun Monate und nach zehn Jahren Mietdauer ein Jahr. Durch das am 1. September 2001 in Kraft getretene Mietrechts­re­form­gesetz vom 29. März 2001 (BGBl. I S. 1149) sind die gesetzlichen Fristen für die ordentliche Kündigung eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrages geändert worden. Der an die Stelle von § 565 Abs. 2 BGB getretene neue § 573 c Abs. 1 BGB sieht für die Kündigung des Mieters unabhängig von der Mietdauer eine Frist von drei Monaten vor. Eine Vereinbarung, die davon zum Nachteil des Mieters abweicht, ist unwirksam (§ 573 c Abs. 4 BGB). Die Überg­angs­vor­schrift des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB bestimmt dazu, daß § 573 c Abs. 4 BGB keine Anwendung findet, wenn (von § 573 c Abs. 1 BGB abweichende) Kündi­gungs­fristen vor dem 1. September 2001 "durch Vertrag vereinbart" worden sind.

In allen vier Fällen hatten die Mieter nach Inkrafttreten der Geset­ze­s­än­derung ihre Mietverträge gekündigt und sich auf den Standpunkt gestellt, daß dadurch ihr Mietverhältnis mit Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist des § 573 c Abs. 1 BGB beendet worden sei. Die Vermieter vertraten demgegenüber die Auffassung, daß die sich aus den Mietverträgen ergebende längere Kündigungsfrist fortgelte und deshalb das Mietverhältnis entsprechend länger fortbestehe.

Der VIII. Zivilsenat ist der Auffassung, die in den Mietverträgen enthaltenen Kündi­gungs­fristen seien hier weiterhin maßgebend, weil eine vor dem 1. September 2001 getroffene vertragliche Vereinbarung über die Kündi­gungs­fristen - im Sinne des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB - auch dann vorliege, wenn in einer Formularklausel die früheren gesetzlichen Kündi­gungs­fristen wörtlich oder sinngemäß wiedergegeben wurden. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut der Überg­angs­vor­schrift und ihrem sachlichen Zusammenhang mit § 573 c Abs. 4 BGB, sondern auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das Mietrechts­re­form­gesetz. Danach sollte mit der Überg­angs­vor­schrift aus Gründen des Vertrau­ens­schutzes sichergestellt werden, daß vor dem Inkrafttreten des Mietrechts­re­form­ge­setzes wirksam vereinbarte Kündi­gungs­fristen auch zukünftig wirksam bleiben (BT-Drucks. 14/4553, S. 77).

Dazu gehört auch eine formu­la­r­ver­tragliche Vereinbarung, in der die früheren - teilweise dispositiven - gesetzlichen Kündi­gungs­fristen wiedergegeben wurden. Der Rechtsausschuß des Bundestages hat der im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgeschlagenen Fassung der Überg­angs­vor­schrift ohne Änderungs­emp­fehlung zugestimmt. Seinen von der Geset­zes­be­gründung der Bundesregierung abweichenden Ausführungen, die in einer Formularklausel wiedergegebenen früheren gesetzlichen Kündi­gungs­fristen sollten nur dann fortgelten, wenn sich aus dem Vertragskontext oder sonstigen Umständen bei Vertragsschluß ergebe, daß die Parteien ein besonderes Interesse an der Geltung der damaligen gesetzlichen Fristen gehabt und gerade vor diesem Hintergrund diese Regelung "ganz bewußt" getroffen hätten (BT-Drucks. 14/5663, S. 83), ist der Senat nicht gefolgt. Er hat darauf hingewiesen, daß eine solche Einschränkung des Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB in der Formulierung der Überg­angs­vor­schrift keinen Ausdruck gefunden habe. Auch lasse es die Zielsetzung der Mietrechts­reform, durch ein verständliches und transparentes Mietrecht dem Rechtsfrieden zu dienen (BT-Drucks. 14/4553, S. 1; BT-Drucks. 14/5663, S. 2), nicht als sachgerecht erscheinen, die Frist für die Kündigung eines vor dem 1. September 2001 abgeschlossenen Mietvertrages durch den Mieter von einer konflikt­trächtigen und wenig aussichts­reichen Aufklärung des Ablaufs der viele Jahre zurückliegenden Vertrags­ver­hand­lungen abhängig zu machen. Der Mieter werde auch nicht unzumutbar belastet, wenn er grundsätzlich an den vertraglich vereinbarten Kündi­gungs­fristen festgehalten werde. Er habe in den vom Rechtsausschuß angesprochenen Härtefällen - wie schon nach bisherigem Recht - einen Anspruch auf vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages, wenn er einen Ersatzmieter stelle.

Quelle: ra-online, BGH

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