22.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 555

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Urteil01.06.2005BundesgerichtshofVIII ZR 216/04
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Jever, Urteil05.02.2004, 5 C 888/03
  • Landgericht Oldenburg, Urteil07.07.2004, 10 S 209/04
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Bundesgerichtshof Urteil01.06.2005

Klage auf rückständige Wohnraummiete im Urkundenprozeß zulässigVermieter muss nur Mietvertrag vorlegen

Wenn ein Vermieter auf rückständige Mietzahlungen klagt, so genügt im Urkundenprozess die Vorlage des Mietvertrages. Das geht aus einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Der unter anderem für das Wohnraum­mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, daß der Vermieter von Wohnraum rückständige Miete im Urkundenprozeß geltend machen kann, auch wenn der Mieter Mängel der Wohnung einwendet.

Die Parteien schlossen einen schriftlichen Mietvertrag über eine 4-Zimmer-Wohnung zu einer monatlichen Miete in Höhe von 660 €. Für November 2003 zahlte er unter Berufung auf eine Gegenforderung lediglich 169,80 €. Den Differenzbetrag von 490,20 € hat der Vermieter unter Vorlage des Mietvertrags im Urkundenprozeß eingeklagt. Der Mieter hat demgegenüber Mängel der Wohnung geltend gemacht, die er jedoch nicht mit den im Urkundenprozeß zulässigen Beweismitteln (Urkundenbeweis und Partei­ver­nehmung) belegen konnte. Die Vorinstanzen haben die Klage als im Urkundenprozeß unstatthaft abgewiesen. Auf die Revision des Vermieters hat der Bundes­ge­richtshof den Mieter zur Zahlung der rückständigen Miete verurteilt und ihm die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Gemäß § 592 Satz 1 ZPO kann ein Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme im Urkundenprozeß geltend gemacht werden, wenn sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Erhebt der Prozeßgegner Einwendungen gegen die Klageforderung, muß er die zugrunde liegenden Tatsachen, soweit sie streitig sind, gemäß § 595 Abs. 2 ZPO durch Urkunden oder durch Partei­ver­nehmung beweisen. Gelingt ihm dies nicht, ist der Klage durch Vorbe­halts­urteil zunächst stattzugeben; dem Beklagten ist die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten. Im sogenannten Nachverfahren muß sodann mit allen im Zivilprozeß zugelassenen Beweismitteln festgestellt werden, ob die Einwendungen des Beklagten berechtigt sind. Ist dies der Fall, wird das Vorbe­halts­urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger ist in diesem Fall auch ohne Verschulden zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Vorbe­halts­urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist.

Der VIII. Zivilsenat hat entschieden, daß die durch § 592 Satz 1 ZPO grundsätzlich jedem Gläubiger einer Geldschuld eingeräumte Befugnis, im Urkundenprozeß einen vorläufigen Titel gegen den Schuldner zu erlangen, auch dem Vermieter von Wohnraum zusteht, der unter Vorlage des Mietvertrags rückständige Miete geltend macht. Zwar wird nach § 536 Abs. 1 BGB bei Mängeln der Mietsache die geschuldete Miete automatisch von Gesetzes wegen gemindert. Jedoch gehört die Mangelfreiheit der Mietsache nicht zu den zur Begründung des Anspruchs auf Miete erforderlichen Tatsachen. Gemäß § 536 Abs. 1 BGB sind Mängel vom Mieter darzulegen und zu beweisen, wenn er die Mietsache übernommen hat. Der Inanspruchnahme des Urkun­den­pro­zesses steht auch nicht entgegen, daß rechts­ge­schäftliche Vereinbarungen, die die gesetzlich eintretende Mietminderung zum Nachteil des Mieters ausschließen oder einschränken, bei Wohnraum­miet­ver­hält­nissen gemäß § 536 Abs. 4 BGB unwirksam sind. Zwar hat der Urkundenprozeß zur Folge, daß der Mieter, der die von ihm geltend gemachten Mängel regelmäßig wie auch im zur Entscheidung stehenden Fall nicht mit den im Urkundenprozeß zugelassenen Beweismitteln nachweisen kann, zunächst durch Vorbe­halts­urteil zur Zahlung der Miete verurteilt wird und daß erst im Nachverfahren über das Vorliegen von Mängeln und eine sich daraus ergebende Mietminderung entschieden wird. Der Bundes­ge­richtshof hat jedoch ausgeführt, daß der Mieter den Nachteilen, die ihm durch eine Vollstreckung aus dem Vorbe­halts­urteil möglicherweise entstehen, weitgehend durch die Schutz­a­n­ord­nungen der Zivil­pro­zeß­ordnung begegnen kann und daß er zudem durch eine verschul­den­su­n­ab­hängige Haftung des Vermieters abgesichert ist. Diese Nachteile sind daher im wesentlichen vorläufiger Natur und nicht zu vergleichen mit einer Beein­träch­tigung seiner Rechtsstellung, die ihm durch eine nach § 536 Abs. 4 BGB unzulässige rechts­ge­schäftliche Vereinbarung droht. Das materielle Mietrecht rechtfertigt es deshalb nicht, die prozessualen Befugnisse des Vermieters aus § 592 Satz 1 ZPO entgegen dem umfassenden Wortlaut der Vorschrift einzuschränken. Der Bundes­ge­richtshof hat den Rechtsstreit zur Durchführung des Nachverfahrens an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 81/05 des BGH vom 01.06.2005

der Leitsatz

ZPO § 592 Satz 1;

BGB § 535 Abs. 2

Ansprüche auf Miete aus Wohnraum­miet­ver­trägen können im Urkundenprozeß geltend gemacht werden.

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