18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 14916

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Urteil19.12.2012BundesgerichtshofVIII ZR 152/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2013, 261Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2013, Seite: 261
  • IMR 2013, 92Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2013, Seite: 92
  • MDR 2013, 262Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 262
  • MietRB 2013, 65Zeitschrift: Der Miet-Rechts-Berater (MietRB), Jahrgang: 2013, Seite: 65
  • NJW 2013, 680Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 680
  • NJW-Spezial 2013, 193Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2013, Seite: 193
  • NZM 2013, 184Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2013, Seite: 184
  • WuM 2013, 154Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2013, Seite: 154
  • ZMR 2013, 269Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2013, Seite: 269
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Pankow/Weißensee, Urteil22.03.2010, 8 C 413/10
  • Landgericht Berlin, Urteil17.04.2011, 65 S 181/11
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil19.12.2012

Üblicher vorübergehend erhöhter Verkehrslärm stellt für eine Wohnung innerhalb eines Stadtzentrums keinen Mietmangel darBGH zu den Voraussetzungen einer Mietminderung bei Verkehrslärm / Verkehr wurde wegen Straßenbaus vorübergehend umgeleitet

Für die Annahme einer stillschweigend geschlossenen Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung reicht es nicht aus, dass der Mieter bei Vertrags­ab­schluss die verhältnismäßig geringe Belastung durch Verkehrslärm als vorteilhaft wahrnimmt und er sich (möglicherweise) auch deswegen zur Anmietung der Wohnung entscheidet. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Vermieter erkennt oder erkennen musste, dass der Mieter die vorhandene geringe Lärmbelastung als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Zustand der Wohnung ansieht, und dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Der Bundes­ge­richtshof hat sich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass Vermieter und Mieter stillschweigend die bei Vertrags­ab­schluss gegebene geringe Belastung durch Verkehrslärm als vertragsgemäßen Zustand der Wohnung vereinbart haben, mit der Folge, dass die Miete bei einer Zunahme des Verkehrslärms gemindert sein kann.

Sachverhalt

Die Beklagten sind seit dem Jahr 2004 Mieter einer Wohnung der Klägerin in der Schlossallee in Berlin. Von Juni 2009 bis November 2010 wurde der stadteinwärts fahrende Verkehr über die Schlossallee umgeleitet, weil auf der gesamten Länge der Pasewalker Straße, über welche der Verkehr bis dahin gelaufen war, umfangreiche Straßen­bau­a­r­beiten durchgeführt wurden. Die Beklagten minderten wegen der hierdurch gestiegenen Lärmbelastung die Miete ab Oktober 2009.

Vermieter verlangt rückständige Miete

Die Klägerin hat die Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete für den Zeitraum von Oktober 2009 bis November 2010 in Höhe von insgesamt 1.386,19 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das amtsge­richtliche Urteil abgeändert und - unter Klageabweisung im Übrigen - die Verurteilung der Beklagten auf Zahlung von 553,22 € nebst Zinsen ermäßigt. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Klägerin hatte Erfolg.

BGH verneint stillschweigend geschlossene Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung hinsichtlich des Verkehrslärms

Der Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass es für die Annahme einer stillschweigend geschlossenen Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung nicht ausreicht, dass der Mieter bei Vertrags­ab­schluss die verhältnismäßig geringe Belastung durch Verkehrslärm als vorteilhaft wahrnimmt und er sich (möglicherweise) auch deswegen zur Anmietung der Wohnung entscheidet. Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermieter erkennt oder erkennen musste, dass der Mieter die vorhandene geringe Lärmbelastung als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Zustand der Wohnung ansieht, und dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert.

Verkehrs­an­schauung hier maßgeblich

Aus den vom Berufungs­gericht getroffenen Feststellungen ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine derartige Beschaf­fen­heits­ver­ein­barung. Für die Bestimmung des vertragsgemäßen Zustands der Wohnung ist im Streitfall daher die Verkehrs­an­schauung unter Berück­sich­tigung des Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben maßgebend. Danach stellt sich die vorübergehende Erhöhung der Lärmbelastung nicht als ein zur Minderung berechtigender Mangel der Wohnung dar. Denn die von den Beklagten vorgetragenen Lärmwerte stellen nach den Feststellungen der Vorinstanzen nach den im Berliner Mietspiegel 2009 ausgewiesenen Werten keine hohe Belastung dar. Aus diesem Grund haben die Beklagten die (erhöhte) Lärmbelastung redlicherweise hinzunehmen.

Für die Annahme des Berufungs­ge­richts, die vereinbarte Miete sei ab dem siebten Monat nach Eintreten der erhöhten Lärmbelastung gemindert, ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Denn eine vorübergehende erhöhte Lärmbelastung stellt unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer jedenfalls dann, wenn sie sich - wie hier - innerhalb der in Berliner Innenstadtlagen üblichen Grenzen hält, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel nach § 536* BGB dar.

Mieter müssten Miete nachzahlen

Der Bundes­ge­richtshof hat deshalb das Urteil des Berufungs­ge­richts aufgehoben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen.

*§ 536 BGB: Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

Erläuterungen
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertrags-gemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm/pt)

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