21.11.2024
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Dokument-Nr. 11582

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Urteil04.05.2011BundesgerichtshofVIII ZR 10/10 und VIII ZR 11/10
Vorinstanzen zu VIII ZR 10/10:
  • Landgericht Hannover, Urteil10.02.2009, 26 O 51/08
  • Oberlandesgericht Celle, Urteil10.12.2009, 11 U 50/09
Vorinstanzen zu VIII ZR 11/10:
  • Landgericht Hannover, Urteil02.03.2009, 24 O 40/08
  • Oberlandesgericht Celle, Urteil10.12.2009, 11 U 51/09
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil04.05.2011

BGH zum Anspruch des Handels­ver­treters auf kostenlose Überlassung von HilfsmittelnZur Vermittlung oder zum Abschluss von Geschäften benötigte Hilfsmittel müssen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Frage zu entscheiden, in welchem Umfang Handels­ver­treter gegen den Unternehmer einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln haben.

Die Kläger der zugrunde liegenden Fälle waren Unter-Handels­ver­treter der Beklagten, die ihrerseits Finanzprodukte vertreibt. Die Beklagte bietet ihren Handels­ver­tretern kosten­pflichtige Schulungs- und Fortbil­dungs­maß­nahmen an. Zur Unterstützung ihrer Vermitt­lung­s­tä­tigkeit können die Handelsvertreter von der Beklagten ferner verschiedene mit deren Logo versehene Artikel wie Briefpapier, Visitenkarten, Daten­er­he­bungsbögen und Werbegeschenke aller Art gegen Entgelt erwerben. Das gleiche gilt für die von der Beklagten herausgegebene Zeitschrift "Finanzplaner", die die Handels­ver­treter für die von ihnen betreuten Kunden bestellen können. Die Kläger machten von diesen Angeboten Gebrauch. Die dadurch entstandenen Kosten wurden verein­ba­rungsgemäß dem jeweiligen Provisionskonto belastet.

Kläger verlangen Auszahlung einbehaltener Beträge für Nutzung der Vertrie­bs­software

Aufgrund eines zwischen den Parteien gesondert abgeschlossenen Vertrages wurde den Klägern die Nutzung der Vertrie­bs­software der Beklagten gegen Zahlung eines gleichfalls seinem Provisionskonto belasteten Entgelts in Höhe von 80 Euro monatlich ermöglicht. Mit der Klage verlangen die Kläger Zahlung der einbehaltenen Beträge.

Verfahrensgang

Das Landgericht hat die Klage in einem Fall (VIII ZR 10/10) vollständig, im anderen Fall mit Ausnahme der Kosten des Softwarepaktes abgewiesen. Auf die Berufungen der Kläger hat das Oberlan­des­gericht die Urteile abgeändert und die Beklagte zur Rückzahlung der einbehaltenen Beträge mit Ausnahme der Kosten für Schulungen und Fortbil­dungs­maß­nahmen verurteilt. Die dagegen gerichteten Revisionen der Beklagten hatten teilweise Erfolg. Die auf eine Erstattung der Fortbil­dungs­kosten gerichteten Anschluss­re­vi­sionen der Kläger sind zurückgewiesen worden.

Im Geschäfts­betrieb anfallende Aufwendungen hat Handels­ver­treter selbst zu tragen

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass Handels­ver­treter nur insoweit einen Anspruch auf kostenlose Überlassung von Hilfsmitteln gemäß § 86 a HGB* haben, als sie auf diese angewiesen sind, um ihrer Pflicht zur Vermittlung beziehungsweise zum Abschluss von Geschäften nachzukommen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof im vorliegenden Fall für das Softwarepaket bejaht, da es Komponenten enthält, ohne die eine Vermitt­lung­s­tä­tigkeit der Kläger nicht möglich gewesen wäre. Demgegenüber hat der Handels­ver­treter die in seinem Geschäfts­betrieb anfallenden Aufwendungen selbst zu tragen. Hierzu gehören insbesondere die Büroausstattung des Handels­ver­treters, aber auch Werbegeschenke sowie die – nicht als Produkt­bro­schüre anzusehende - Zeitschrift "Finanzplaner", die der Handels­ver­treter zur allgemeinen Kundenpflege einsetzt. Auch die Schulungs- und Weiter­bil­dungs­maß­nahmen musste die Beklagte den Klägern nicht kostenlos gewähren, da es dabei nicht um die Vermittlung von Produk­t­in­for­ma­tionen, sondern um den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen ging, die die Kläger benötigten, um ihr Tätigkeitsfeld – z. B. auf den Vertrieb von Immobilien – zu erweitern. Demzufolge hat der Bundes­ge­richtshof bezüglich der übrigen Positionen einen Anspruch der Kläger auf Auszahlung der einbehaltenen Beträge verneint.

* § 86 a HGB

(1) Der Unternehmer hat dem Handels­ver­treter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbe­druck­sachen, Geschäfts­be­din­gungen, zur Verfügung zu stellen.

[…]

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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