15.11.2024
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Dokument-Nr. 6417

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Urteil24.07.2008BundesgerichtshofVII ZR 55/07
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DNotZ 2009, 107Deutsche Notar-Zeitschrift (DNotZ), Jahrgang: 2009, Seite: 107
  • MDR 2008, 1151Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2008, Seite: 1151
  • NZBau 2008, 640Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau), Jahrgang: 2008, Seite: 640
  • WM 2008, 1936Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2008, Seite: 1936
  • ZfIR 2008, 674Zeitschrift für Immobilienrecht (ZfIR), Jahrgang: 2008, Seite: 674
  • ZIP 2008, 1729Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2008, Seite: 1729
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil07.12.2005, 26 O 46/05
  • Kammergericht Berlin, Urteil15.02.2007, 23 U 12/06
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil24.07.2008

Keine Privilegierung der VOB/B bei Verwendung gegenüber Verbrauchern

Der Bundes­ge­richtshof hatte darüber zu entscheiden, ob die Klauseln der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) bei Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Einzelkontrolle nach §§ 307 ff BGB unterliegen und der Kläger wegen einzelner beanstandeter Klauseln Ansprüche gegen den Beklagten geltend machen kann.

Kläger ist der Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen und Verbrau­cher­verbände, Verbrau­cher­zentrale Bundesverband e.V. Bei dem Beklagten handelt es sich um den Deutschen Vergabe- und Vertrags­aus­schuss (DVA). Dieser ist ein nicht rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung die Aufgabe hat, Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen zu erarbeiten und weiter­zu­ent­wickeln.

Der DVA hat die im amtlichen Teil des Bundesanzeigers veröffentlichte Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) Teile A und B Ausgabe 2002 verfasst. Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte empfehle, auch gegenüber Verbrauchern, das als Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen zu qualifizierende Regelwerk der VOB/B für den rechts­ge­schäft­lichen Verkehr. Bei Verwendung gegenüber Verbrauchern seien 24 näher bezeichnete Klauseln dieses Regelwerks gemäß §§ 307 bis 309 BGB unwirksam. Der Beklagte sei daher verpflichtet, die Empfehlung dieser Klauseln im Verkehr mit Verbrauchern für Werk- und Werklie­fe­rungs­verträge zu unterlassen und seine bereits erfolgte Empfehlung zu widerrufen.

Das Landgericht hat die auf Unterlassung und Widerruf der Empfehlung gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat das Berufungsurteil mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision angegriffen.

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungs­gericht zurückverwiesen. Er hat dies wie folgt begründet:

Der Beklagte empfiehlt die VOB/B für den rechts­ge­schäft­lichen Verkehr. Das Klauselwerk ist entsprechend der Satzung des Beklagten im Bundesanzeiger unter Kennt­lich­machung seiner Urheberschaft und in seinem Auftrag als DIN 1961 veröffentlicht worden. Der DVA kann daher gemäß § 1 des Unter­las­sungs­kla­gen­ge­setzes (UKlaG) auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Diesen Anspruch kann der Kläger als in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragener Verband geltend machen. Etwas anderes hätte gemäß § 3 Abs. 2 UKlaG nur zu gelten, wenn der Beklagte die VOB/B zur ausschließ­lichen Verwendung zwischen Unternehmern empfehlen würde. Eine dahingehende Einschränkung der Empfehlung hat der Beklagte jedoch weder ausdrücklich ausgesprochen noch ergibt sie sich aufgrund sonstiger Umstände.

Die einzelnen Klauseln der VOB/B unterliegen bei einer Verwendung gegenüber Verbrauchern einer Inhalts­kon­trolle nach §§ 307 ff BGB. Der Bundes­ge­richtshof hat es zwar mit Urteil vom 16.12.1982 (VII ZR 92/82) als verfehlt angesehen, in einem Vertrag, in dem die VOB/B gegenüber einem Bauhandwerker verwendet wird, einzelne Bestimmungen dieses Klauselwerks einer Inhalts­kon­trolle zu unterziehen. Dies wurde damit begründet, dass die VOB/B nicht den Vorteil nur einer Vertragsseite verfolge und einen auf die Besonderheiten des Bauver­trags­rechts abgestimmten, im Ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen enthalte. Diese auf richterliche Fortbildung gegründete sogenannte Privilegierung der VOB/B ist bei Verwendung gegenüber Verbrauchern nicht gerechtfertigt. Denn ein maßgeblicher Gesichtspunkt für diese Privilegierung ist der Umstand, dass die VOB/B vom Beklagten unter Mitwirkung der Auftragnehmer- und der Auftrag­ge­berseite erarbeitet wird und daher beide Seiten die Möglichkeit haben, ihre jeweiligen Interessen zu vertreten und ihnen Geltung zu verschaffen. Dies trifft für die in aller Regel geschäftlich nicht erfahrenen und damit besonders schutz­be­dürftigen Verbraucher nicht zu. Verbrau­cher­verbände sind von einer ordentlichen Mitgliedschaft im DVA ausgeschlossen. Die spezifischen Interessen der Verbraucher werden auch nicht in hinreichendem Maße von den im DVA für die Auftrag­ge­berseite tätigen Institutionen, insbesondere der öffentlichen Hand, vertreten.

Eine Entscheidung zu den beanstandeten Klauseln selbst konnte der Senat nicht treffen. Insoweit ist eine umfassende Würdigung vorzunehmen, in die insbesondere die typischen Interessen der Vertrags­parteien und die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise einzubeziehen sind. Dazu fehlt es bisher an Feststellungen. Diese wird das Berufungs­gericht nachzuholen haben.

Gesetz über Unter­las­sungs­klagen bei Verbrau­cher­rechts- und anderen Verstößen - Unter­las­sungs­kla­gen­gesetz

§ 1 Unterlassungs- und Wider­rufs­an­spruch bei Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen

Wer in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechts­ge­schäft­lichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

§ 3 Anspruchs­be­rechtigte Stellen

(1) …

(2) Die in Absatz 1 Nr. 1 bezeichneten Einrichtungen können Ansprüche auf Unterlassung und auf Widerruf nach § 1 nicht geltend machen, wenn Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen gegenüber einem Unternehmer (§ 14 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) verwendet oder wenn Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen zur ausschließ­lichen Verwendung zwischen Unternehmern empfohlen werden.

Quelle: ra-online, BGH (pm)

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