21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30574

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Bundesgerichtshof Urteil20.07.2021

BGH zum Schadens­ersatz­anspruch nach Weiterverkauf eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs und zur Frage des Abzugs einer "Wechselprämie"Weiterverkauf lässt Schadens­ersatz­anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nicht entfallen

Geschädigte Autokäufer können sich im VW-Abgasskandal auch dann Chancen auf Schadenersatz machen, wenn sie das von den Abgas­ma­ni­pu­la­tionen betroffene Fahrzeug bereits weiterverkauft haben.

Im hier vorliegenden Fall erwarb der Kläger im September 2014 einen gebrauchten VW Passat. Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeugs, das mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet ist. Dieser Motor hatte eine Steue­rungs­software, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befand. Im Prüfstands­betrieb führte die Software zu einer erhöhten Abgas­rü­ck­führung im Vergleich zum Normalbetrieb, wodurch die Grenzwerte für Stick­o­xi­de­mis­sionen auf dem Prüfstand eingehalten werden konnten. Während des erstin­sta­nz­lichen Verfahrens erwarb der Kläger ein Fahrzeug eines anderen Herstellers, gab das von der Beklagten hergestellte Fahrzeug in Zahlung und erhielt zusätzlich eine "Wechselprämie".

Schaden­s­er­satz­an­spruch und Anrechnung der "Wechselprämie" strittig

Zwischen den Parteien war streitig, ob dem Kläger trotz des Weiterverkaufs des VW Passat ein Schaden­s­er­satz­an­spruch gegen die Beklagte in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung für die Fahrzeugnutzung und abzüglich des erzielten Verkaufserlöses zusteht und, wenn ja, ob von diesem Anspruch die "Wechselprämie" ebenfalls abzuziehen ist.

Klage in Berufungs­instanz erfolgreich

Das Landgericht hat der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Es hat dem Kläger zwar trotz Weiterverkaufs des Diesel-Fahrzeugs einen Schaden­s­er­satz­an­spruch zuerkannt, von dem zu ersetzenden Kaufpreis für das Diesel-Fahrzeug aber neben der Nutzungs­ent­schä­digung und dem Verkaufserlös zusätzlich die Wechselprämie abgezogen. Die Berufung des Klägers hatte insofern Erfolg, als nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts die Wechselprämie nicht in Abzug zu bringen war. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

BGH bestätigt Anspruch auf Schadensersatz

Der BGH hat das angefochtene Urteil bestätigt und die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, dass die Beklagte den Kläger durch das Inver­kehr­bringen eines Fahrzeugs mit Abschalt­ein­richtung (Prüfstan­der­ken­nungs­software) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und ihm insoweit grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zusteht. Der Weiterverkauf des Fahrzeugs ließ diesen Schaden­s­er­satz­an­spruch nicht entfallen. Durch den Weiterverkauf trat der marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des im Wege der Vorteils­aus­gleichung heraus­zu­ge­benden und zu übereignenden Fahrzeugs und war vom Schaden­s­er­satz­an­spruch abzuziehen.

"Wechselprämie" nicht in Abzug zu bringen

Die "Wechselprämie" war im Streitfall jedoch nicht zugunsten des beklagten Fahrzeug­her­stellers vom Schaden­s­er­satz­an­spruch in Abzug zu bringen. Denn die Wechselprämie erhielt der Kläger aufgrund seiner Entscheidung, Auto oder Automarke zu wechseln. Sie hatte nichts mit dem Substanz- oder Nutzungswert des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs zu tun und stand daher dem Kläger und nicht der Beklagten zu.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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