15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 2131

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Bundesgerichtshof Urteil28.03.2006

Produkthaftung: Schmerzensgeld für Schnitt­ver­let­zungen bei Reinigung einer Tapeten­kleis­ter­ma­schineBGH zur Produkthaftung eines Importeurs

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Importeur von technischen Arbeitsmitteln nach dem Geräte­si­cher­heits­gesetz verpflichtet ist, diese vor dem Verkauf stich­pro­benartig daraufhin zu untersuchen, ob sie den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Der Kläger erwarb im April 2001 eine Tapeten­kleis­ter­ma­schine bei einer Supermarktkette. Die Beklagte importiert diese Maschinen aus China und vertreibt sie in der Bundesrepublik unter einer eigenen Marke.

Die Maschine ist nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts so konstruiert, dass man, um die Kleisterwanne zu reinigen, hineingreifen muss. Dort wies das vom Kläger gekaufte Exemplar scharfe Blechkanten auf. Der Kläger behauptet, er habe sich beim Reinigen der Kleisterwanne erhebliche Schnitt­ver­let­zungen an der Hand zugezogen, und verlangt deshalb von der Beklagten Schadensersatz. Das Amtsgericht hat ihm u. a. 4.000 € Schmerzensgeld zugesprochen. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Entscheidung der Vorinstanz im Ergebnis bestätigt. Das Landgericht hat zwar fälschlich eine Haftung auf der Grundlage des Produkt­si­cher­heits­ge­setzes bejaht. Die Beklagte haftet dem Kläger jedoch wegen der Verletzung von § 3 Abs. 1 Satz 2 des Geräte­si­cher­heits­ge­setzes, der ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist. Der Importeur eines technischen Arbeitsmittels ist verpflichtet, dieses vor dem Beginn des Inver­kehr­bringens und sodann stich­pro­benartig daraufhin zu untersuchen, ob es den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Die gekaufte Tapeten­kleis­ter­ma­schine war nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht von dieser Beschaffenheit, da die Blechkanten bei der Herstellung nicht entgratet wurden und deshalb zu Verletzungen führen konnten. Die Beklagte hat dies zu vertreten. Ihr Verschulden wird nach dem Gesetz vermutet; deshalb hätte sie darlegen müssen, inwiefern sie ihrer Unter­su­chungs­pflicht nachgekommen ist. Ihr dahingehendes tatsächliches Vorbringen in den Vorinstanzen wurde indes vom Berufungs­gericht zu Recht für unzureichend erachtet.

Erläuterungen
Vorinstanzen:

AG Bonn - 3 C 55/04

LG Bonn - 6 S 242/04

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 53/06 des BGH vom 28.03.06

der Leitsatz

BGB § 823 Abs. 2 (Bf); GSG § 3 Abs. 1

Der Importeur eines in großer Stückzahl aus China importierten technischen Arbeitsmittels (hier: Tapeten­kleis­ter­ma­schine) ist verpflichtet, das Gerät zu Beginn des Inver­kehr­bringens und sodann stich­pro­benartig darauf zu untersuchen, ob die Beschaffenheit den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zur Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB führen, wenn es bei der bestim­mungs­gemäßen Verwendung des Geräts (hier: Reinigung) zu einem Körperschaden des Verwenders kommt.

ZPO §§ 513 Abs. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1, 546

Auch nach der Reform des Rechts­mit­tel­rechts hat das Berufungs­gericht die erstin­sta­nzliche Schmer­zens­geld­be­messung auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob sie überzeugt. Es darf sich nicht darauf beschränken, die Ermes­sens­ausübung der Vorinstanz auf Rechtsfehler zu überprüfen.

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