21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.

Dokument-Nr. 34424

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Urteil08.02.2022BundesgerichtshofVI ZR 409/19
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JR 2022, 639Zeitschrift: Juristische Rundschau (JR), Jahrgang: 2022, Seite: 639
  • MDR 2022, 765Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2022, Seite: 765
  • NJW 2022, 1443Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2022, Seite: 1443
  • VersR 2022, 635Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2022, Seite: 635
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Vorinstanzen:
  • Landgericht Duisburg, Urteil14.12.2015, 2 O 167/13
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil26.09.2019, I-8 U 2/16
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.02.2022

Bei Bemessung des Schmerzensgelds in Arzt­haftungs­prozessen ist Gesichtspunkt der Genugtuung zu berücksichtigenGrobe Fahrlässigkeit ist nicht gleich grober Behand­lungs­fehler

Im Rahmen von Arzt­haftungs­prozessen ist bei der Bemessung der Schmer­zens­geldhöhe der Gesichtspunkt der Genugtuung zu berücksichtigen. Zudem ist grobe Fahrlässigkeit nicht gleichzusetzen mit einem groben Behand­lungs­fehler. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2008 verstarb in einem Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen ein etwa 72 jähriger Patient infolge eines Herzinfarkts. Die Ehefrau klagte anschließend auf Zahlung von Schmerzensgeld. Sie warf den behandelnden Ärzten einen Behandlungsfehler vor.

Landgericht wies Klage ab, Oberlan­des­gericht gab ihr statt

Während das Landgericht Duisburg die Klage abwies, gab ihr das Oberlan­des­gericht Düsseldorf statt. Es sah in der unterlassenen dringend gebotenen Herzkatheter-Untersuchung einen fehlerhafte ärztliche Behandlung und sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld von 2.000 € zu. Bei der Bemessung des Schmerzensgeld hielt das Oberlan­des­gericht die Genug­tu­ungs­funktion für unbeachtlich. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Klägerin.

Berück­sich­tigung der Genug­tu­ungs­funktion bei Schmer­zens­geldhöhe

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Klägerin. Bei der Bemessung des Schmer­zens­geldes in Arzthaf­tungs­sachen komme dem Gesichtspunkt der Genugtuung Bedeutung zu. Auch wenn bei der ärztlichen Behandlung das Bestreben der Behand­lungsseite im Vordergrund stehe, dem Patienten zu helfen und ihn von seinen Beschwerden zu befreien, stelle es unter dem Blickpunkt der Billigkeit einen wesentlichen Unterschied dar, ob dem Arzt grobes Verschulden zur Last fällt oder ob ihn nur ein geringfügiger Schuldvorwurf trifft. So könne ein dem Arzt aufgrund grober Fahrlässigkeit unterlaufener Behand­lungs­fehler dem Schadensfall sein besonderes Gepräge geben.

Grobe Fahrlässigkeit ist nicht gleich grober Behand­lungs­fehler

Dabei sei nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs zu beachten, dass grobe Fahrlässigkeit nicht bereits dann zu bejahen sei, wenn dem Arzt ein grober Behand­lungs­fehler unterlaufen ist. Ein grober Behand­lungs­fehler sei weder mit grober Fahrlässigkeit gleichzusetzen noch komme ihm eine Indizwirkung zu. Grobe Fahrlässigkeit setze einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Sorgfalts­verstoß voraus. Dagegen komme es für die Frage, ob ein grober Behand­lungs­fehler vorliegt, auf den Grad subjektiver Vorwerfbarkeit gegenüber dem Arzt nicht an. Entscheidend sei vielmehr, ob dem Arzt ein Fehler unterlaufen ist, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

Zurückweisung des Falls an das Oberlan­des­gericht

Der Bundes­ge­richtshof verwies den Fall zur Neuentscheidung an das Oberlan­des­gericht zurück.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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