21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30681

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Bundesgerichtshof Urteil06.07.2021

Anspruch auf Ersatz des "Minderwerts" bei Kauf eines VW-Diesels mit Prüfstand­erkennungs­soft­wareDiesel-Käufer haben Wahl zwischen großem und kleinem Schadensersatz

Der Käufer eines Pkw VW mit Dieselmotor, der mit einer Prüfstand­erkennungs­soft­ware ausgestattet ist, kann gegen den Fahrzeug­her­steller einen sogenannter kleinen Schadens­ersatz­anspruch verlangen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof und bestätigte damit das Urteil der Berufungs­instanz.

Die Klägerin erwarb im Juli 2015 von einem Autohaus einen gebrauchten VW Passat Variant, der mit einem 2,-Liter Dieselmotor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Die Beklagte ist Herstellerin des Wagens. Der Motor war mit einer Software versehen, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand im Testbetrieb befindet, und in diesem Fall in einen Stickoxid-optimierten Modus schaltet. Es ergaben sich dadurch auf dem Prüfstand geringere Stickoxid-Emissionswerte als im normalen Fahrbetrieb. Die Stick­o­xid­grenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur auf dem Prüfstand eingehalten. Im Jahr 2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt gegenüber der Beklagten den Rückruf der mit dieser Software ausgestatteten Fahrzeuge an. Die Beklagte entwickelte in der Folge ein Software-Update, das vom Kraftfahrt-Bundesamt freigegeben und auch im Fahrzeug der Klägerin aufgespielt wurde. Mit ihrer Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zum Ersatz des Minderwerts des Fahrzeugs zu verurteilen und die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihr die weiteren über den Minderwert hinausgehenden Schäden zu ersetzen, die aus der Manipulation des Fahrzeugs resultieren würden.

OVG: Klägerin hat Anspruch auf Ersatz des Minderwerts

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlan­des­gericht im Wege des Grundurteils den Anspruch auf Ersatz des Minderwerts für gerechtfertigt erklärt. Die Berufung gegen die Abweisung der Feststel­lungsklage hat es zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten, mit der diese die vollständige Klageabweisung begehrte, blieb ohne Erfolg, ebenso die Revision der Klägerin, mit der diese ihren Feststel­lungs­antrag weiterverfolgte.

BGH: Klägerin kann auch kleinen Schadensersatz wählen

Der BGH bestätigt das Urteil des Oberlan­des­ge­richts Stuttgart.. Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber dem Grunde nach zum Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verpflichtet. Die Klägerin könnte deshalb die Erstattung des Kaufpreises abzüglich der Nutzungs­vorteile auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer Zug um Zug gegen Übertragung des Fahrzeugs verlangen (sogenannter großer Schadensersatz). Die Klägerin kann aber stattdessen das Fahrzeug behalten und von der Beklagten den Betrag ersetzt verlangen, um den sie das Fahrzeug - gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung - zu teuer erworben hat (sogenannter kleiner Schadensersatz).

Klägerin hat Anspruch auf Ersatz des "Minderwerts"

Für die Bemessung dieses kleinen Schaden­s­er­satzes ist zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertrags­schlusses maßgeblich. Sollte allerdings das Software-Update der Beklagten, das gerade der Beseitigung der unzulässigen Prüfstan­der­ken­nungs­software diente, das Fahrzeug aufgewertet haben, ist dies im Rahmen der Vorteils­aus­gleichung zu berücksichtigen. Dabei sind in die Bewertung des Vorteils etwaige mit dem Software-Update verbundene Nachteile einzubeziehen.

Kein Raum für weitere Ersatzpflichten

Ob und in welchem Umfang eine Differenz zwischen dem objektiven Wert des Fahrzeugs und dem Kaufpreis im Zeitpunkt des Kaufs bestand und ob und inwieweit sich durch das Software-Update diese Wertdifferenz reduziert hat, wird im nunmehr folgenden Betrags­ver­fahren festzustellen sein. In den so zu bemessenden Schaden (Minderwert) sind Nachteile, die mit der Prüfstan­der­ken­nungs­software oder dem Software-Update (als etwaiger Vorteil) verbunden sind, bereits "eingepreist". Für die von der Klägerin gewünschte Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für diesbezügliche weitere Schäden ist daher kein Raum.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/ab)

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