09.11.2024
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Dokument-Nr. 83

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Bundesgerichtshof Entscheidung23.11.2004

Obligatorisches Schlich­tungs­ver­fahren muss vor Klageerhebung durchgeführt werdenDurch Landesgesetz kann gemäß § 15 a EGZPO ein Schlich­tungs­ver­fahren vorgesehen werden

Der VI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Streitfrage entschieden, ob ein obligatorisches Schlich­tungs­ver­fahren der Klageerhebung vorangehen muß oder ob es nach der Klageerhebung während des Rechtsstreits nachgeholt werden kann.

Nach § 15 a des Einfüh­rungs­ge­setzes zur Zivil­pro­zeß­ordnung (EGZPO) kann durch Landesgesetz bestimmt werden, daß in bestimmten Fällen die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landes­jus­tiz­ver­waltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. Mehrere Bundesländer haben eine solche Regelung getroffen. So ist nach § 37 a Abs. 1 Nr. 1 des saarländischen Landes­sch­lich­tungs­ge­setzes, wenn die Parteien im Saarland wohnen, in vermö­gens­recht­lichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht mit einem Streitwert von nicht mehr als 600 € eine Klage erst nach Durchführung eines Schlich­tungs­ver­fahrens zulässig.

Im vorliegenden Fall verlangt ein Vermieter von einer ehemaligen Mieterin - beide wohnhaft im Saarland - Schmerzensgeld und Ersatz materiellen Schadens, weil sie ihn bei einer Ausein­an­der­setzung verletzt habe. Er hat deshalb Klage beim Amtsgericht erhoben. Dieses hat den Streitwert auf 545,36 € festgesetzt. Es handelt sich also um einen Fall, bei dem das obligatorische Schlich­tungs­ver­fahren durchzuführen ist. Obwohl der Vermieter das Schlich­tungs­ver­fahren noch vor Abschluß des Rechtsstreits nachholte, hat das Amtsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Vermieters hatte keinen Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat jetzt seine - vom Landgericht zugelassene - Revision zurückgewiesen.

Mit der Einführung des obligatorischen Schlich­tungs­ver­fahrens wollen der Bundes­ge­setzgeber und die Landes­ge­setzgeber erreichen, daß durch ein der Klageerhebung vorgeschaltetes Verfahren die Justiz entlastet und bestimmte Konflikte rascher und kostengünstiger bereinigt werden. Der Bundes­ge­setzgeber ist, wie sich aus den Geset­zes­ma­te­rialien ergibt, bei der Formulierung des § 15 a EGZPO davon ausgegangen, daß das Schlich­tungs­ver­fahren nicht nachgeholt werden kann und eine vor Durchführung dieses Verfahrens erhobene Klage unzulässig ist. Die angestrebten Ziele einer Justi­z­ent­lastung und einer raschen und kostengünstigen Konflikt­be­rei­nigung lassen sich nur durch ein vorgeschaltetes Verfahren erreichen. Sind beide Verfahren nebeneinander möglich, findet eine Entlastung der Justiz allenfalls teilweise statt. In vielen Fällen werden die Parteien das Schlich­tungs­ver­fahren nicht mit einem ernsthaften Einigungswillen betreiben, wenn bereits ein Gerichts­ver­fahren läuft und dafür Kosten entstanden sind. Die vielfach vertretene Ansicht, das Schlich­tungs­ver­fahren könne bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Klageverfahren nachgeholt werden, weil es nicht sinnvoll sei, den Kläger zur Erhebung einer neuen Klage zu zwingen, überzeugt deshalb nicht.

Urteil vom 23. November 2004 - VI ZR 336/03

Quelle: Pressemitteilung Nr. 138/2004 des Bundesgerichtshofs vom 29.11.2004

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