21.11.2024
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Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.

Dokument-Nr. 8573

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Urteil06.10.2009BundesgerichtshofVI ZR 314/08 und VI ZR 315/08
Vorinstanzen:
  • Landgericht Hamburg, Urteil29.08.2008, 324 O 24/08 und 324 O 23/08
  • Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil11.11.2008, 7 U 87/08 und 7 U 86/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil06.10.2009

Kein Verbot von Fotos der Beckenbauer-Kinder - Kein umfassender Anspruch eines Kindes gegen die Presse, die Veröf­fent­lichung jeglicher Fotos bis zur Volljährigkeit zu unterlassenEin Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit ist auch bei Kindern und Jugendlichen denkbar

Prominente können der Presse nicht vollständig verbieten, Fotos von ihren minderjährigen Kindern zu veröffentlichen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof im Fall Franz Beckenbauer. Dieser klagte für seine Kinder darauf, dass Fotos erst veröffentlicht werden dürften, wenn diese volljährig sind.

Die Kläger sind minderjährige Kinder von Franz Beckenbauer. 2007 erschienen in verschiedenen Zeitschriften aus dem Verlag der Beklagten Abbildungen, die die Kläger jeweils mit beiden Eltern oder einem Elternteil zeigen. Auf Verlangen der Kläger hat die Beklagte bezüglich der Bilder teilweise Unter­las­sungs­ver­pflich­tungs­er­klä­rungen abgegeben. Mit der vorliegenden Klage erstreben die Kläger eine Verurteilung der Beklagten dahin, jegliche Veröf­fent­lichung von Bildern, die die Kläger zeigen, zu unterlassen.

Vorinstanzen gaben Beckenbauer Recht und sprachen ein Veröf­fent­li­chungs­verbot bis zur Volljährigkeit der Kinder aus

Das Landgericht Hamburg hat ein bis zur Volljährigkeit der Kläger geltendes Unter­las­sungsgebot ausgesprochen. Das Oberlan­des­gericht Hamburg hat die dagegen gerichteten Berufungen der Beklagten zurückgewiesen. Die Revisionen der Beklagten hatten Erfolg. Der u. a. für das Persön­lich­keitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat die Klagen abgewiesen.

BGH: Kein umfassendes Veröf­fent­li­chungs­verbot

Ein umfassender Unter­las­sungs­an­spruch, wie er hier geltend gemacht ist, steht einer Person auch dann nicht zu, wenn ihr Recht am eigenen Bild durch Berich­t­er­stattung der Presse mehrfach verletzt wurde. Für die Frage der Zulässigkeit einer Bildver­öf­fent­lichung bedarf es in jedem Einzelfall einer Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre. Eine solche Inter­es­se­n­ab­wägung kann nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt sind und bei denen insbesondere offen bleibt, in welchem Kontext sie veröffentlicht werden. Etwas anderes gilt nicht deshalb, weil die Kläger noch minderjährig sind.

Kinder genießen stärken Schutz als Erwachsene, jedoch gibt es auch hier eine Abwägung zwischen dem Persön­lich­keitsrecht der Kinder und der Pressefreiheit

Zwar müssen Kinder und Jugendliche gegen die Presse­be­rich­t­er­stattung in stärkerem Umfang geschützt werden als Erwachsene. Doch ist für die Zulässigkeit einer Bildver­öf­fent­lichung auch bei Minderjährigen eine Abwägung zwischen deren Persön­lich­keitsrecht und der Äußerungs- und Pressefreiheit erforderlich.

Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit gibt es auch bei Kindern

Ein Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse der Öffentlichkeit ist auch bei Kindern und Jugendlichen bei vielfältigen, im Einzelnen nicht vorhersehbaren Lebens­sach­ver­halten denkbar. Ein Generalverbot, welches insbesondere bei jüngeren Kindern bis zu deren Volljährigkeit viele Jahre gelten würde, wird dem nicht gerecht und stellt eine nicht hinnehmbare Beein­träch­tigung der Äußerungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) dar.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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